Shakespeare's Königsdramm von Richard II. bis zu Richard III. 79
Schiller, d. h. dadurch, daß das Alles längst geschehen, nicht mehr zu ändern ist. Was folgt und was weiter sein Unglück zur Folge hat, sind auch noch Mißgriffe, aber solche, an denen seine edlere Natur ebenso viel Theil hat als seine Schwächen. Und eins noch stellt ihn für unser Gefühl hoch über Heinrich VI. Während dieser eine Frau hat, ebenso unweiblich wie er unmännlich, die ihn sofort unter den Pantoffel bringt und am Ende ganz fallen läßt, ist Richard's Gattin ganz das treue, zärtliche Weib in Glück und Unglück, mit ihm und für ihn lebend und leidend, und ein Mann, der so eine Frau hat, ist von vornherein der Theilnahme aller guten Menschen sicher. Heinrich von Hereford, genannt Bolingbroke, später König Heinrich IV., Sohn eines der nächstältesten Brüder des schwarzen Prinzen, also jedenfalls selbst nächster junger Prinz des Hauses und Agnat des Königs, klug, berechnend, hinterhältig, geschmeidig, aber im entscheidenden Momente auch tapfer, energisch zugreifend, also weniger interessant, aber viel mehr zum Handeln und Herrschen geschaffen, macht zunächst nur Opposition, indem er Günstlingen des Königs entgegentritt; aber er erschüttert dadurch die Stellung des Königs und tritt, als sie ins Wanken kommt, als Retter der Ordnung und des Vaterlandes auf und als tüchtiger Regent an die Stelle des unfähigen Königs. So kann man sagen, dieser Ausgang der Geschichte ist auch wie bei Heinrich VI. und Pork in dem Gegensatz ihrer Begabungen begründet. Aber Richard spielt eine weniger erbärmliche Rolle als Heinrich, Bolingbroke eine weniger durchtriebene als Pork. Richard also erregt doch mehr Theilnahme als Heinrich VI., und Bolingbroke nimmt mehr Anerkennung in Anspruch als Pork.
Das Stück beginnt nun mit einer Begebenheit, deren Bedeutung für den König anfangs etwas im Dunkel bleibt, ihn aber doch gleich nöthigt, Stellung zu nehmen. Es ist der Streit seines Vetters Heinrich mit seinem Freunde Norfolk, welche beide bereit sind, denselben durch das Gottesurtheil des Zweikampfes zum Aus- trag zu bringen. Begreiflicherweise; denn, was den Streit veranlaßt, allerlei Vorwürfe, die der Vetter dem Freunde des Königs macht, wegen Mitschuld an der schlechten Lage des Landes und auch der Ermordung eines Onkels des Königs, ist offenbar beiderseits nicht klar und einfach zu beweisen, und da ist dann eben nach mittelalterlicher Sitte der Appell an den Austrag durch Waffengewalt am Platze. Der König zögert, es zuzulassen oder auch entschieden zu verbieten. Man hat den Eindruck, daß er am Ende nicht ganz unbetheiligt bei der Sache ist, und wir ersehen dann durch eine Unterredung der Wittwe des Ermordeten mit dem Vater von Heinrich Bolingbroke, daß diese beiden eigentlich den König selbst als den Urheber des Mordes ansehen, für den Heinrich an Norfolk als Mitschuldigem Vergeltung üben will. Nun begreifen wir die schiefe Lage, in der Richard, nicht unverschuldet, in Verlegenheit ist, offen Partei zu nehmen. Wir begreifen auch, daß er sich endlich mit dem behilft, was, wie die Dinge liegen, jedenfalls noch das Glimpflichste ist, aber für ihn selbst der verhängnißvolle Anfang zur Geschichte seines Sturzes wird. Er verbietet den Zweikampf, in dem der Vetter gegen ihn, der Freund für ihn bereit ist, fein Leben einzusetzen, und schickt beide in die Verbannung. Er läßt den Freund fallen und verletzt auch den Vetter. Er befriedigt also keinen und gibt sein Unrecht halb zu. Heinrich aber reist zwar ab, unterläßt indeß nicht, schon jetzt sich durch den moralischen