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Deutsche Rundschau.
Erfolg dieser Entscheidung zu Hause noch in ein gutes Licht zu setzen. Als er fort ist, stirbt sein Vater, nachdem er zuvor noch den König wegen seiner schlechten Regierung sehr hart angelassen hat. Das macht diesem wenig Eindruck; doch jetzt will er sich am Ende zu Thaten ausraffen und zieht in den Krieg nach Irland, nachdem er aber zuvor den Tod des Oheims nur als willkommene Gelegenheit benutzt hat, sich durch seine Erbschaft das nöthige Geld dazu anzuschasfen. Damit hat er den verbannten Vetter auch noch beraubt und sich so ins Unrecht gegen ihn gesetzt, daß dieser nun schnell zurückkehrt, angeblich nur um sein Recht als Erbe seines Vaters in Anspruch zu nehmen; aber die allgemeine Unzufriedenheit der Großen mit der Mißwirthschaft des Königs wirst sich ihm in die Arme. Kaum ans Land getreten, ist er Herr der Situation. Richard aber, der nun auch zurückkehrt, wird schnell von den Seinigen verlassen.
Aus dieser Lage der Dinge hat der Dichter im dritten Acte den einfach großen Wendepunkt des Schicksals gemacht, welches über den König hereinbricht. Als er sein Land wieder betritt und nun sogleich von allen Seiten die Unglücksbotschaften kommen, daß seine Anhänger und Truppen ihn verlassen und Alles seinem Gegner zufällt, sträubt er sich anfangs noch im Vollgefühle seiner königlichen Würde, an der Unantastbarkeit derselben zu zweifeln. Bald aber muß er sich überzeugen, daß es zu spät ist, gut zu machen, was er in seiner Regierung verfehlt hat, und seine Würde wiederherzustellen, und nun verschmäht er es auch, in vergeblichen Compromißversuchen zu retten, was zu retten wäre. Heinrich läßt ihm sagen, er komme nur, um seine Erbschaft als Sohn seines Vaters anzutreten, und werde sich, sobald ihm dies zugestanden worden, als treuer Unterthan auch ferner dem König, seinem Vetter, unterwerfen. Aber er läßt sich von seinen Anhängern bereitwillig Weitertreiben, und Richard durchschaut dies sofort und läßt sich nicht täuschen. Von oben herunter fährt er den frechen Unterhändler Northumberland heftig an, bewilligt aber trotzdem widerstrebend Heinrich's Forderungen. Und als nun Northumberland nochmals wiederkehrt, anstatt daß Heinrich selbst sich jetzt hätte unterwerfen sollen, läßt Richard den Boten nicht erst zu Wort kommen, macht sich in einer Art von Monolog seine Lage klar, daß es sich jetzt für ihn selbst um Unterwerfung und Absetzung handelt. Dann erst läßt er sich berichten, was er zu thun hat. Der Vetter läßt ihn aufsordern, aus seiner Burg zu ihm „herabzukommen". In diesem Wort ist die Entscheidung zusammengesaßt, das Schicksal des Königs damit entschieden. Nun folgt die Begegnung. Heinrich nimmt noch den Schein der Güte an, indem er vor Richard kniet. Richard aber lehnt mit seiner Ironie diesen falschen Schein der Unterwürfigkeit ab und läßt sich einfach von dem Sieger befehlen, was er weiter zu thun hat, ihm nach London zu folgen. Besiegt, erhebt er sich innerlich erst recht in seiner königlichen Würde über den unedlen Gegner, der den Erfolg aus seiner Seite hat, und wenn dieser dennoch das Knie vor ihm beugt, so kann dies als eine unwillkürliche Huldigung vor der Hoheit des Schicksales in Richard erscheinen.
In London angekommen, muß sich Richard nun noch zu der Komödie einer Art von freiwilliger Abdankung bequemen, weil Alles ihn verläßt, außer einem braven Bischof, der hier gleich alles Unheil prophezeit, das im Lause der Zeit