Ein Thronerbe als Diplomat.
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die Gerechtigkeit zulasse, die Politik empfehle und das Interesse Frankreichs erheische". Deshalb habe der Gesandte zu erklären, „daß
1. Se. Majestät der Kaiser und König Mecklenburg als ein mit seinen Feinden gemeinsame Sache machendes Land betrachte und zwar auf Grund der denselben geleisteten Hülfe, und daß
2. das zukünftige Schicksal Mecklenburgs von dem Verhalten abhängen werde, welches Rußland der Moldau und Walachei gegenüber beobachte."
Waren auch derartige Gewaltakte Bonaparte^s an sich nichts Ungewöhnliches, so war doch in diesem Fall der gegen Mecklenburg erhobene Vorwurf ein befremdlicher, wenn nicht gar lächerlicher. Der angekündigte Entschluß, das Herzogthum als ein Pfand für die Donaufürstenthümer in Besitz zu nehmen, erschien geradezu unerklärlich. In der Antwortnote, welche tags darauf nach Hamburg abging, hieß es denn auch: „der Herzog könne nur an das Obwalten eines Jrr- thums glauben. Niemals habe seit dem siebenjährigen Kriege Mecklenburg zu Rußland in irgend welcher politischen Beziehung gestanden. Während des Durchmarsches russischer Truppen im Jahre 1805 habe der Herzog einfach der Gewalt Weichen müssen. Man habe den passirenden 20000 Mann nothgedrungen die requirirten Lebensmittel zu liefern gehabt, welche diese in Anerkennung der Neutralität Mecklenburgs bezahlt hätten. Man habe übrigens gegen diesen gewaltsamen Durchmarsch in einer Form protestirt, welche das Mißfallen der russischen Regierung erregt habe. Auch sei seither kein mecklenburgischer Gesandter am dortigen Hose beglaubigt. Der Vorwurf, einen militärischen Rang in der russischen Armee zu bekleiden, könne den Herzog nicht treffen, da dieser einen solchen nicht innehabe. Der Erbprinz habe die russische Uniform, die ihm sein Schwiegervater, der Zar, seiner Zeit verliehen, aus Courtoisie nicht ablehnen können. Sein jüngerer Bruder diene in der russischen Armee, doch seien derartige Dienste deutscher Fürstensöhne in anerkannter Ueblichkeit und hätten keinen Einfluß auf die politischen Beziehungen der Staaten. Der Herzog rechne auf den gerechten Sinn des Kaisers, wenn er nach dieser wahrheitsgetreuen Darlegung der Verhältnisse auf eine Zurücknahme der angekündigten Maßregeln hoffe." Eine Abschrift des am 14. Oktober 1805 an den russischen Befehlshaber Grafen Tolstoi gerichteten Schreibens war beigesügt, aus welchem hervorging, daß der Herzog damals volle Neutralität für sein Land beansprucht hatte.
Diese Note war kaum abgegangen, als die Avantgarde des achten Corps unter General Michaud von Hamburg aus über Ratzeburg und Gadebusch einrückte. In wenig Tagen waren die beiden Residenzen und die Hauptorte des Landes besetzt. An Widerstand war natürlich nicht zu denken. Die mecklenburgischen Truppen wurden entwaffnet und aufgelöst. Einige ihrer Offiziere blieben noch so lange im Dienst, bis die Magazine, Waffen- und Monturdepots, Pulvervorräthe u. s. w. an die französische Intendantur übergeben waren. Dann mußten auch sie ihre Degen abgeben. Auf Befehl des zum Generalgouverneur von Mecklenburg ernannten Generals Laval durste sich Niemand mehr in mecklenburgischer Uniform auf der Straße blicken lassen. Sämmtliche Geschütze, Gewehre, Munition und Pulvervorräthe wurden nach Lenzen an die Elbe geschafft und von da aus dem Wasserwege nach Magdeburg transportirt.