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Deutsche Rundschau.
können. Ich hoffe, daß dieses Sie für den Moment wenigstens etwas beruhigen wird. Mündlich werde ich das Glück haben. Ihnen von allen Details und vom übergebenen Memoire genauer zu berichten, sowie Ihnen die kindliche Hochachtung zu versichern, mit welcher ich mich nenne Ihren ganz gehorsamen Sohn
Gustav."
In dem Memoire, welches Herr von Mecklenburg in den Händen des Marschalls zurückließ, war namentlich ans die traurigen Folgen hingewiesen, welche durch die Occupation des Landes und die Depossedirung seines Fürsten nicht nur für alle Hof- und Staatsbeamte, die ihrer Gehalte und Pensionen verlustig gingen, sondern auch für die Inhaber der Pfandbriefe und Schatzscheine entstehen mußten. Der Herzog appellirte an die Großmuth des Siegers, indem er ihn mit beweglichen Worten bat, diese Zahlungen nicht zu sistiren und eine allgemein gehaltene, beruhigende Zusicherung zu veröffentlichen, dahin gehend, daß die Zinsen der öffentlichen Schuld auch ferner gezahlt werden sollten. Den Herzog, hieß es darin, versetze gerade dieser Gedanke in die qualvollste Unruhe. Er wäre in Verzweiflung, wenn das Unglück, das ihn Niederdrücke, zugleich ver- hängnißvoll würde für eine so große Zahl von Personen, welche ihm ihr Vermögen anvertraut hätten. Der Herzog sei der Ansicht, daß diese Leute nicht getroffen werden dürften durch eine Staatsumwälzung, bei welcher nur ein Souverän an die Stelle des Andern trete. Einer Annahme dieses Princips werde auch Se. kaiserliche Majestät sich nicht entziehen wollen. Was die Ehre aller Fürsten anginge, könne auch einem so großmüthigen und erleuchteten Manne nicht gleichgültig sein u. s. w.
Friedrich Franz I. hatte von jeher ein höchst persönliches Regiment geführt. Er war dabei begünstigt worden durch die eigenthümliche Verfassung des Landes, von welchem der dritte Theil, als Domanium, eine Art von fürstlichem Fidei- commiß darstellte und vom Landesherrn unumschränkt verwaltet wurde. Die beiden Stände, Ritter- und Landschaft, besaßen zwar weitgehende Privilegien und nahmen an der Gesetzgebung Theil, doch lag die ganze Verwaltung und Jurisdiction in den Händen der Landesregierung, und die persönliche Einwirkung des Fürsten aus die verschiedenen Bevölkerungsklassen wurde durch die allgemeine Liebe und Achtung vermehrt, die derselbe bei seinen Unterthanen genoß. In Ermangelung eines Staatsschatzes, wie eines Staatsbegriffs überhaupt, waren denn auch die Landesschulden eigentlich Personalschulden des Fürsten, für welche dieser mit dem Domanium hastete und die er aus dessen Einkünften verzinste. Der Gedanke, daß diese Rentenbriefe jetzt werthlos seien, und ihre Besitzer, meistens kleine Beamte und Privatleute, durch den Ausfall der Rente in Noth gerathen könnten, hatte für das landesväterliche Herz des edeldenkenden Fürsten etwas Drückendes. Die Stimmung in Ludwigslust war eine sehr trübe. In diesem kleinen Orte lebte Alles vom Hofe. Hunderte von Familien waren mit ihrer Existenz an seinen Bestand gebunden. Dazu kam, daß die Geldmittel selbst für den fürstlichen Haushalt zu fehlen begannen, und die Gehalte an die Dienerschaft nicht mehr ausgezahlt werden konnten.
Der Bericht des Prinzen Gustav hatte die Hoffnung neu belebt. Der Herzog schrieb einen Dankesbries an den Marschall Mortier: es sei ein Trost für ihn,