Heft 
(1892) 70
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Ein Thronerbe als Diplomat.

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in seinem Unglück einen Mann gefunden zu haben, der großherzig und wohl­wollend an seiner traurigen Lage Antheil nehme und diese, soweit es in seinen Kräften stehe, zu erleichtern bereit sei. Dieser Dankeserguß war aber sehr wenig angebracht. Der doppelzüngige Franzose hatte den jungen Prinzen mit liebens­würdigen Phrasen und Versprechungen abgespeist, nach dessen Abreise aber dem General Laval geschrieben, er könne dem Herzog einen Aufschub der Abreise von einigen Tagen gewährenxour reAlsr 868 allair68". Von einem Abwarten der kaiserlichen Antwort war nicht die Rede. Ja, es mußte hiernach sehr frag­lich erscheinen, ob das Gesuch des Herzogs überhaupt weiter befördert war. Vergebens ließ dieser durch seine Minister dem Generalgouverneur vorstellen, daß der bis zum 4. Januar bewilligte Aufschub nicht ausreiche, um einen Courier aus Posen abzuwarten. Der General sprach sein Bedauern aus, verschanzte sich aber hinter seine Ordre, und von Marschall Mortier, an den man sich wiederum wandte, kam gar keine Antwort. In dieser Bedrängniß rieth der Minister Graf Bassewitz, den Prinzen Gustav noch einmal nach Anklam zu schicken, aber der Herzog hielt dies unter seiner Würde. Auch das Anrufen einer Intervention Oesterreichs und Dänemarks, wozu der Minister drängte, erschien ihm vorläufig aussichtslos, wenigstens soweit es sich um eine Vermeidung der Abreise handelte. Für diese wurden nunmehr alle Vorbereitungen getroffen. Der Herzog bestimmte, daß ihn der Major und Kammerherr von Boddien und der Stallmeister von Bülow begleiten sollten. Außerdem folgten ihm der Geheim­rath von Plessen und der Hofsecretär Kentzler in die Verbannung. Von der zahlreichen Dienerschaft wurden nur einige Personen mitgenommen.

Der Herzog beantragte bei dem Generalgouverneur die Auszahlung eines monatlichen Aversums von eintausend Louisd'or für seinen persönlichen Unterhalt im Auslande und die Verabfolgung der Apanagen an die zurückbleibenden Mit­glieder des fürstlichen Hauses. Der Gouverneur erklärte indessen, daß er hierüber erst die Befehle des Kaisers einholen müsse. Der Einwand des Herzogs, daß, wenn er der Ausweisung aus seinem Lande Folge leiste, man ihm doch auch die Mittel gewähren müsse, dieser Verfügung nachzukommen, blieb unberücksichtigt. Mit Mühe gelang, es den Ministern, wenigstens die einmalige Auszahlung eines Reisegeldes" von eintausend Louisd'or zu erwirken, da es dem Herzog that- sächlich an Barmitteln gebrach. General Laval bewies übrigens in dieser pein­lichen Lage persönlichen Takt und Mitgefühl. Gras Bassewitz berichtete am 4. Januar:Gestern habe ich mehrmalen von dem Gouverneur Laval die Aeuße- rung gehört, daß die Restitution der herzoglichen Lande gar keinen Zweifel litte, und daß er für die sorgfältigste Erhaltung alles Desjenigen, was Ew. Herzogliche Durchlaucht im Schlosse und sonst zurücklassen würden, gewissenhaft sorgen würde, um dadurch seine aufrichtige Theilnahme zu bethätigen." Indessen wurden diese wohlwollenden Intentionen später keineswegs eingehalten. Zwar blieb das Mobi­liar der herzoglichen Schlösser intact, doch wurde ein großer Theil der Kunstschätze, namentlich Gobelins, Broncen und vor Allem die werthvolle von den früheren Herzogen gesammelte Gemäldegalerie nach Paris geschickt und wie wir zur Ehre des Generals annehmen wollen in Folge höheren Befehls. Diese Gegenstände wurden erst im Herbst 1815 nach dem zweiten Pariser Frieden wieder zurückgegeben.

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