Ein Thronerbe als Diplomat.
213
gegebenen Bons waren zunächst werthlos. Es fehlte bald an Betriebsmitteln für die Ackerbestellung. Von den Schäden, welche die sechsmonatliche Fremdherrschaft damals der Landwirthfchaft zugefügt, hat Mecklenburg sich erst nach zwei Decennien zu erholen vermocht. Mit dem 1. Februar hörte auch die Zahlung der Löhnung an die entlassenen Militärmannschasten aus. Diese harte Maßregel sollte vor Allem die französischen Werbungen begünstigen. In der That trieben Hunger und Kälte, der Arbeitsmangel mitten im Winter, viele Individuen zu den Werbebureaus, die überall im Lande errichtet waren. Die Anträge des Herzogs um weitere Gewährung von Subsistenzmitteln blieben unbeachtet. Marschall Mortier ließ selbst die Anfragen und Berichte des Generals Laval unbeantwortet. Aber in dieser Zeit allgemeiner Noth zeigte es sich, Welch' enges Band den Fürsten mit seinen Ständen vereinte. Am 5. Februar überbrachten die Landräthe von Vieregge und von Flotow dem Herzog in Altona Namens der Ritterschaft die Summe von viertausend Thalern zur Bestreitung seiner Privatausgaben. Die Landschaft folgte bald diesem Beispiel und übersandte am 2. April durch die Bürgermeister Sibeth-Güstrow und Wennmohsen- Grabow die gleiche Summe. Derartige Zuwendungen wiederholten sich noch mehrmals, und zwar seitens der Ritterschaft am 22. April und 18. Juli, seitens der Stadt Rostock am 12. Mai und seitens der Landschaft am 24. Juli. Auch der Herzogin wurden zweitausend Thaler zugestellt. Diese Beträge waren nur gerade ausreichend für den Unterhalt der fürstlichen Familie. Es konnte wenig davon an die Nothleidenden in der Heimath abgegeben werden. Um so gerührter war der Herzog über das Eintreffen einer reichen Beihülse, die ihm unerbeten und unvermuthet von Seiten des Kaisers von Rußland zuging.
Dem Oberhofmeister von Lützow war es endlich gelungen, durch die französischen Vorposten zu dringen und seine Reise nach Petersburg fortzusetzen. Mitten im strengsten Winter war diese Fahrt äußerst beschwerlich. Anfangs Februar traf Lützow in Petersburg ein. Zar Alexander nahm ihn gütig auf und beantwortete das Schreiben des Herzogs sogleich durch den nachstehenden Brief, der auf dem Seewege nach Altona befördert wurde:
„St. Petersburg, den 7. Februar 1807.
Mein Herr Vetter! — Der Baron von Lützow hat mir den Brief richtig übergeben, mit welchem Ew. Durchlaucht ihn betraut hatten. Mit sehr schmerzlichen Empfindungen erfüllt mich die Nachricht von der peinlichen Lage, in welche Ew. Durchlaucht durch die Verleugnung jedweden Princips der Ehrenhaftigkeit und Gerechtigkeit seitens der französischen Regierung sich versetzt sehen. Dieses System ist die wahre Quelle des empörenden, gegen Höchst-Sie gerichteten Verfahrens, und wenn Ew. Durchlaucht das letztere nur einen Augenblick den Gründen zuschreiben konnten, welche die Note des Herrn Bourienne angibt, so zweifle ich doch nicht, daß Sie sich im Hinblick aus so viel ähnliche Beispiele bald überzeugt haben werden, wie der Einmarsch meiner Truppen in die Moldau nur ein eitler Vorwand ist, mit welchem die französische Regierung diesen neuen Act der Ungerechtigkeit bemänteln zu können glaubt. In Ermangelung desselben würde sie um die Auffindung eines andern nicht verlegen gewesen sein.
Ich bitte Ew. Durchlaucht, an dem lebhaften und zärtlichen Interesse nicht zu zweifeln, Welches ich nie aufhören werde, Höchst Ihrem Haufe zuzuwenden. Aber ich überlaffe es Ihrem eigenen Urtheil, ob, selbst in dem Fall, wo ich mich beim Chef