Heft 
(1892) 70
Seite
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Ein Thronerbe als Diplomat.

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Sire! Nachdem die Besitzergreifung Mecklenburgs im Austrage Napoleons, Kaisers von Frankreich und Königs von Italien, vollzogen worden, fühlen sich die Stände des Landes gedrängt, die Hülse dieses mächtigen Monarchen anzurufen. Die Herren Gutsbesitzer von Bülow und von Preen, der Bürgermeister der Stadt Parchim, Löscher und der Syndicus der Stadt Boizenburg, Rönneberg sind beauftragt, zu den Füßen Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät unsere ehrfurchtsvollsten Huldigungen niederzulegen.

Ew. Majestät wollen die Bitten eines Volkes gnädigst berücksichtigen, welches jetzt unter Dero Herrschaft steht! Mildern Sie, Sire, durch Ihre Huld die drückende Lage, unter der wir seufzen. Geben Sie uns die theuren Nachkommen eines erlauchten Hauses zurück, welches so lange für das Glück und Gedeihen unseres Landes wirkte, und wir werden den Himmel anflehen, die kostbaren Tage Ew. Kaiserlichen und König­lichen Majestät zu segnen und zu bewahren.

Wir zeichnen mit tiefster Ehrfurcht als Ew. Kaiserlichen und Königlichen Majestät

ehrerbietigste und unterthänigste Landräthe und

Deputirte zum Engern Ausschuß der mecklenburgischen Stände

v. Levetzow. Spalding."

Die Deputation begab sich zuerst nach Greifswald, ins Hauptquartier des Marschalls Mortier, und dann über Berlin nach Warschau, von wo sie sehr bald unverrichteter Sache wieder heimkehrte.

Ebenso vergeblich waren die Schritte, welche Herzog Friedrich Franz bei einigen Monarchen that, um eine Intervention zu seinen Gunsten herbeizuführen. Gleich nach seiner Ankunft in Altona hatte er dem Prinzen Friedrich von Däne­mark, welcher seit 1784 an Stelle des geisteskranken Königs Christian VII. die Regierung führte, sein Eintreffen auf dänischem Gebiete angezeigt und sich unter feinen Schutz gestellt. Zwischen den beiden Fürstenhäusern bestanden verwandt­schaftliche Beziehungen. Schon die Gemahlin des 1805 verstorbenen Erbprinzen Friedrich von Dänemark war eine Prinzessin aus dem Schweriner Hause ge­wesen, und auch ihr Sohn, Prinz Christian, der damals in Plön residirte, hatte sich, Wie wir wissen, erst kürzlich mit der einzigen Tochter des Herzogs Friedrich Franz vermählt.

(Diese Ehe war sehr unglücklich und wurde bereits nach wenigen Jahren, 1812 gelöst. Die geschiedene Prinzessin zerfiel auch mit ihrer eigenen Familie, führte ein unstetes Leben, trat zum Katholicismus über und starb 1840 zu Rom. Auch der einzige Sohn dieser Ehe und Enkel des alten Herzogs, der nach­malige König Friedrich VII., welcher 1841 eine mecklenburgische Prinzessin, diesmal aus dem Strelitzer Hause, heimsührte, wurde einige Jahre später von dieser Gemahlin geschieden.)

In seiner Antwort vom 12. Januar versicherte der Regent den verbannten Herzog der unbedingten Sicherheit auf dänischem Gebiete, erklärte aber wegen der getrübten Beziehungen zum französischen Hofe, zu irgend welcher Intervention nicht in der Lage zu sein. Dagegen hatte der König von Holland durch seinen in Hamburg residirenden Geschäftsträger Reinhold dem Herzog seine guten Dienste anbieten lassen und unterstützte auch wirklich auf dessen Wunsch die Bittschrift der mecklenburgischen Stände durch ein an seinen Bruder Napoleon gerichtetes