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Deutsche Rundschau.
Schreiben. Der Imperator war aber bekanntlich nicht der Mann, den Vorstellungen seiner Angehörigen irgend welche Bedeutung beizulegen. Auch diese Demarche hatte daher nicht die geringste Wirkung.
Zu den ungeheueren Lasten, welche die Fremdherrschaft dem Lande auferlegte, kamen nun auch noch die willkürlichen Bedrückungen französischer Befehlshaber und Beamten, sowie die betrügerischen Acte, durch welche einzelne Individuen die ungeordneten Zustände für eigenen Vortheil auszubenten suchten. So hatte z. B. der großherzoglich bergische Postdirector Desmoulins in Hamburg mit einigen dänischen Kaufleuten einen geheimen Vertrag geschlossen, laut welchem er von dem französischen Gouvernement in Schwerin durch Scheinkauf einen Theil der an der Elbe gelegenen herzoglichen Waldungen erwerben und von den Kaufleuten die Hälfte des durch Abholzung erlösten Betrages einstreichen sollte. Die dänischen Fahrzeuge waren die einzigen, denen noch die Schiffahrt auf der Unterelbe freistand. Dieser schwindelhafte Anschlag wurde noch rechtzeitig entdeckt und mit Hülfe der dänischen Regierung vereitelt.
Nach einer amtlichen Zusammenstellung, welche von den herzoglichen Registratoren Buchholz und Paschen verfaßt und mit Belegen ausgestattet wurde, beliefen sich die „Schäden und Kosten, welche vom Einmarsch der Franzosen 1806 bis zum 10. Februar 1807 (also in weniger als drei Monaten) verursacht wurden", auf 7 306723 Thaler 32 Groschen. Hiervon entfielen für „irreguläre Ernährung der Truppen, Plünderungen, Exactionen" auf das Domanium 1466 758, auf die Ritterschaft 2 213277, auf die Städte und Stadtgüter 2 826687 Thaler, während der Rest von circa 800 000 Thalern die Beschlagnahme der Kassen und den Verlust an Revenuen und Effecten des herzoglichen Hauses betraf. Dieser Betrag von rund 7,3 Millionen Thalern oder circa 27,3 Millionen Franken erhöhte sich vom 18. Februar bis zum Juli, d. h. bis zum Ende der Occupation, auf circa 33 Millionen Franken.
Dazu kamen nun noch die regulären Lieferungen an die französische Armee, an Pferden, Rindvieh, Schuhwerk, Getreide, Branntwein und sonstigen Ver- pslegungsbedürfnissen mit 1290 510, die Unterhaltung des Gouvernements mit 37 060, die Schanzarbeiten, Stellung von Matrosen, Fahrzeugen rc. mit 68 516, die rauhen Fouragen, Gespanndienste w. mit 290250 Thalern, im Ganzen 1 686 336 Thaler oder circa 6,3 Millionen Franken. Ueber alle diese Schäden und Verluste befinden sich in den Acten genau specificirte Listen, welche auf Grund amtlicher Erhebungen seitens der Landescredit - Commission aufgestellt worden sind. Alles in Allem belief sich diese Schadensrechnung zur Zeit des Tilsiter Friedens auf etwa vierzig Millionen Franken, für ein Land von der Größe Mecklenburgs mit circa 340000 Einwohnern eine enorme Summe.
Diese Last war um so drückender, als die Naturallieferungen an Pferden und Vieh einer ackerbautreibenden Bevölkerung die nöthigsten Betriebsmittel entzogen. Die französischen Anforderungen waren in dieser Hinsicht geradezu exorbitant und für die Landwirthschaft vernichtend. So wurden z. B. in den ersten sechs Monaten des Jahres 1807 2150 Reitpferde für die Kavallerie, 20000 Centner Rindfleisch in lebendigen Ochsen und 6000 Centner geschlachtetes Vieh geliefert, ferner 20000 Centner Weizen und Roggen und 75 000 Pinten Brannt-