Heft 
(1892) 70
Seite
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Deutsche Rundschau.

Die Ordre, auf welche der Kaiser Bezug nahm, war von dem Chef des kaiserlichen Stabes, Marschall Berthier, gleichfalls unter dem Datum des 27. Juni an General Laval gerichtet. Sie wies denselben an, sofort nach Ein­gang dieses Befehls den Herzog wieder in den Besitz seiner Staaten zu setzen und ihm Alles wieder auszuliefern, was von seinem oder seiner Unterthanen Eigenthum etwa beschlagnahmt worden sei. Die französischen Civil- und Militär­behörden sollten ihre Functionen sofort niederlegen und die mecklenburgischen ihre Befugnisse uneingeschränkt auszuüben berechtigt sein.Endlich," hieß es am Schluß,werden Sie in Zukunft, General, den Herzog von Mecklenburg wie einen Souverän zu betrachten haben, an welchem der Kaiser ein ganz besonderes Interesse nimmt."

Das war mehr, als man erwartet hatte. In Schwerin traf nun auch die Ordre aus dem kaiserlichen Hauptquartier direct ein. Die Nachricht von dem so plötzlichen Umschwung der Lage verbreitete sich rasch durch das Land und erregte überall stürmischen Jubel. Die lang verhaltene Erbitterung gegen die Franzosen würde sich Wohl in gefährlichen Demonstrationen und Ausschreitungen Luft ge­macht haben, hätte nicht die Besatzung des Landes noch immer etwa 26000 Mann betragen. Aber die Freude der Bevölkerung über die Rückkehr des geliebten Landesherrn zeigte sich doch unverhohlen.Die Franzosen," schrieb die hoch­betagte Herzogin-Mutter am 6. Juli an ihren Sohn,und alle andern Truppen, welche bei uns durchmarschiren, geben ihrem Erstaunen Ausdruck über die An­hänglichkeit, welche alle Mecklenburger ihrem Herrn bezeigen. Hätten Sie, lieber Sohn, Zeuge sein können von den zahlreichen Beweisen dieser Anhänglichkeit, so wären Sie dadurch gerührt worden; aber Sie werden noch Gelegenheit finden, sich davon zu überzeugen, und ich bin sicher, daß Sie als Landesvater gegen Niemand ein Vorurtheil in dieser Hinsicht hegen und nach Ihrer Rückkehr Me nur glücklich machen werden. Kommen Sie nur bald, lieber Sohn. Wie innig dankbar müssen wir dem höchsten Wesen sein, welches unsere Gebete erhört und unseren Leiden ein Ziel gesetzt hat in einem Augenblick, wo man es noch gar nicht zu hoffen wagen durfte. Mögen unsere Herzen ihm ewig erkenntlich bleiben! Dies ist die Opsergabe, die vor seinen Augen am meisten Wohlgefallen findet! ..."

Der Herzog beschloß, sich zum Zeichen, daß er die Regierung übernehme, nach Schwerin und Ludwigslust zu begeben, dann aber noch für kurze Zeit nach Altona zurückzukehren. Vorher waren noch einige Schreiben zu erledigen. Keines derselben mag dem alten Herrn zu unterzeichnen so schwer geworden sein, als das von Plessen aufgesetzte, in welchem er dem verhaßten Imperator für die Wiedergabe seines rechtmäßigen Eigenthums zu danken und für die Zukunft dessen Schutz nachzusuchen genöthigt war. Doch war dieses Schreiben in so zurück­haltender Form abgefaßt, als der phrasenhafte Kurialstil der damaligen Zeit nur irgendwie zuließ. Dagegen kam dem Herzog der Dank vom Herzen, den er seinem mächtigen Freund, dem Zaren, in warmen Worten ausdrückte. Er schrieb am 7. Juli aus Altona:

Sire! Mit welchen Ausdrücken könnte ich die Empfindungen der tiefsten Dankbarkeit zu erkennen geben, welche mein Herz in Ansehung der Beweise des hohen Wohlwollens und gnädigen Gedenkens erfüllen, die Ew. Kaiserliche Majestät für mein