Heft 
(1892) 70
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Deutsche Rundschau.

Vorstellen zu lassen. Der General empfing mich ungemein artig und billigte dieses sehr. Jeden Augenblick sahen wir also der Ankunst des Kaisers entgegen, allein solche verzögerte sich bis heute Morgen um 10 Uhr. Der Kaiser traf mit einem großen Gesolge von zwanzig Wagen ein und ließ in der Vorstadt umspannen, ohne seine Kalesche zu verlassen. Der General Rivaud präsentirte mich Sr. Majestät, welche ziemlich lange und freundlich mit mir zu sprechen geruhten. Ich setze wörtlich die gehabte Unterredung hierher. Ich fing damit an, dem Kaiser zu sagen*):

Daß der Herzog, mein Vater, mich abgesandt habe, um Sr. kaiserlichen und königlichen Majestät den Ausdruck seines ehrerbietigsten Dankes für die ihm bewiesene Güte zu Füßen zu legen und ihn, wie sein Land, seiner hohen Protection zu empfehlen." Der Kaiser erwiderte:

Ich bin erfreut, all? Ihr Unglück nun beendet zu sehen."

Dank der Gnade Euerer Majestät."

Sie sind in Ihre Staaten zurückgekehrt?"

Ja, Sire, sogleich, nachdem wir die Erlaubniß dazu erhalten hatten." Ihre Angelegenheiten werden bald geordnet sein. Sie haben keine fremden Truppen mehr in Ihrem Lande?"

Bei meiner Abreise zählte man deren noch 27 000 Mann."

Wie, soviel? vermutlich die, welche nach Pommern gehen!"

Ich glaube wohl, Sire, und empfehle inständig mein Vaterland Ihrem hohen Schutz."

Hierauf machten Se. Majestät eine Entlassungsverbeugung und setzten hinzu: Ich bedaure sehr, Sie nicht in einer Stadt haben empfangen zu können."

So endigte diese während dem Umspannen und großen Lärmen der Postillone ertheilte Audienz.

Die oben unterstrichene Stelle hat mir viele Beruhigung gewährt, einmal, weil mir der Sinn darinnen zu liegen scheint, daß man sich mit unseren Angelegenheiten noch beschäftigt, und zweitens, weil es deutlich beweist, daß keine Truppen in Mecklen­burg bleiben sollen.

Noch muß ich untertänigst bemerken, daß der gerade mit Briefen angekommene Flügeladjutant des Königs von Sachsen Major von Funk, welcher den Kaiser öfters gesprochen hat, mir versicherte, daß Derselbe heute übler Laune gewesen wäre, man aber sichtlich bemerkt hätte, wie Höchstderselbe freundlich geworden wäre, als er mit mir redete. In der That war seine Stimme sehr sanft und gütig.

Gleich darauf habe ich meine Reise weiter fortgesetzt und mich hier nur so lange aufgehalten, um diesen Bericht zu schreiben.

Untertänigst bitte ich wegen meines undeutlichen Schreibens um Verzeihung, allein ich bin so echauffiert von der Reise, daß ich kaum die Feder zu führen im Stande bin.

Mit der kindlichsten Ehrfurcht und Liebe rc."

Memel, den 16. Julius 1807.

Heute Morgen um sechs Uhr bin ich hier glücklich angelangt und benutze die Abreise des Obersten von Sontag nach Altona, um meinen Bericht untertänigst abzustatten.

Sowie der König erfuhr, daß ich angekommen fei, hatte er die Gnade, den General von Köckeritz zu mir zu schicken und mir sagen zu lassen, daß er mich um */s11 Uhr Morgens sehen würde. Ich habe den theuren König und die Königin in dieser Stunde gesehen, und Worte würden nicht hinreichen, Ihnen, gnädigster Vater,

U Der Erbprinz bedient sich bei der Aufzeichnung dieses Gesprächs als auch der späteren in Paris mit Napoleon stattgehabten Unterredungen jedesmal der französischen Sprache. Wir haben es vorgezogen, in diesen übrigens ganz vereinzelten Fällen den Originaltext in möglichst wort­getreuer, deutscher Uebersetzung wiederzugeben.