Heft 
(1892) 70
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Ein Thronerbe als Diplomat.

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gleich mit Bitten bei der ersten Unterredung den Kaiser zu ermüden, schilderte ich Sr. Majestät nur in allgemeinen Ausdrücken unser erlittenes Unglück und empfahl uns seiner Gnade und Protection. Der Kaiser sprach lange und viel über Anfang, Gang und Ende des Krieges, welcher denn freilich nicht Viel glückliche Resultate lieferte. Mein Journal wird darüber genauere Angaben enthalten; ich glaube aber nicht, solches der Post anvertrauen zu dürfen. Ich sagte dem Kaiser, daß ich in Marienburg den Kaiser Napoleon gesprochen habe, und theilte ihm meine Unterredung mit demselben mit. Ich frug Se. Majestät, wie Sie die Phrase verständen: stsspsrs gutz vo8 allairs8 s'arrangsront disntot. Sie glaubten, daß man uns eine Proposition machen würde, zum Rheinbunde herüberzutreten und setzten hinzu:alors je ssrais 1s Premier ä vou8 1e 60 U 8 eiller".

Leider scheint es ausgemacht zu sein, daß das Schicksal Deutschlands lediglich den französischen Entscheidungen überlassen ist. Sich also gut mit dem französischen Kaiser zu stellen, wird durchaus nothwendig werden. Die unwandelbare feste Conduite, welche Sie bis jetzt gehalten haben, mein gnädigster Vater, wird hier allgemein ge­schätzt und anerkannt. Sie wird, glaube ich, sicher auch hier ein mächtiger Beweg­grund sein, sich Ihrer Angelegenheiten mit Wärme anzunehmen. Es wird nicht ver­kannt, daß Mecklenburg das einzige treu gebliebene Land ist.

Mittags speiste ich beim Kaiser und der jungen Kaiserin, welche wie immer äußerst gnädig und freundschaftlich war. Ein für allemal bin ich zur Tafel gebeten.

Ich habe heute den Fürsten Czartorisky und den Herrn von Novosilzof besucht und lange mich mit ihnen unterredet. Ich habe sie ganz die nämlichen für mich ge­funden. Ueberhaupt bin ich ungemein mit der Ausnahme zufrieden, welche ich von jedermann hier empfangen habe.

Von den Bedingungen des russischen Friedens ist durchaus nichts bekannt; alle hiesigen Minister wissen nichts, und der Kaiser spricht mit niemandem davon. Der Minister von Budberg ist noch nicht hier; auch sagt man, daß er gar nicht kommen werde und um seinen Abschied gebeten habe. Da, wie man gewiß weiß, der russische Kaiser mit dem französischen Alles persönlich verabredet hat, gar kein russischer Minister zugegen gewesen ist, und bloß Herr von Talleyrand den Seeretair gemacht hat, so herrscht eine Dunkelheit über alle diese Verhandlungen, welche jedermann in große Unruhe versetzt. Gewiß ist, daß die Nation über diesen Frieden sehr unzufrieden ist, und ich fürchte, daß der brave, gute Kaiser viel an Liebe und Zutrauen im Volke verloren hat. Ein Friede, wie dieser und auf solche Art geschlossen, wird wahrschein­lich einzig in der Geschichte bleiben."

Pawlowsky, den 11./23. Juli 1807.

Da die Kaiserin-Mutter mir erlaubt hatte, zu ihr zu kommen, wann ich wollte, so fuhr ich heute Mittag heraus. Die Kaiserin hatte das Haus des Großfürsten Konstantin zu meiner Aufnahme bereiten lassen. Sie können sich, mein bester Vater, alles das Schmerzliche denken, welches diese erste Entrevue hatte. Die Kaiserin war unendlich gnädig gegen mich. Nicht allein, daß sie mich bat, die Nacht dort zu bleiben, sondern sie verlangte, daß ich meinen eigentlichen Wohnort in Pawlowsky nehmen und nur, wenn meine Geschäfte es uöthig machten, nach Petersburg gehen sollte. Ich werde also abwechselnd beide Orte bewohnen. Der Kaiser war heute Mittag auch dort, und wie er wegfuhr, bat ich ihn, mir eine Stunde zu geben, um einmal ausführlich mit ihm über unsre Angelegenheiten reden zu können. Er ant­wortete, wie er hoffte, daß ich Morgen bei ihm essen würde, ich alsdann eine Stunde früher kommen möchte, wo wir Zeit zum Reden haben würden."

St. Petersburg, den 12./24. Juli 1807.

Ich übersende hierbei ein Exemplar der Zeitung vom heutigen Datum, welche merkwürdig ist, weil sie einen Parolebefehl aus Tilsit wegen des Friedens enthält. Dies ist die einzige ossicielle Communication, die dem Pnblico gemacht worden ist,

Deutschs Rundschau. XVIII, 5. 15