Heft 
(1892) 70
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232 Deutsche Rundschau.

rücksichtigung dieses Umstandes mag für seine Wahl zum Bevollmächtigten nicht ohne Einstuß gewesen sein.

Was die zweite der oben genannten Bedingungen betraf, so war sie gleich­falls nur die Erneuerung alter, berechtigter Ansprüche. Im westfälischen Frieden hatte Mecklenburg die Stadt Wismar nebst ansehnlichem Gebiet an Schweden abtreten müssen. Als Entschädigung dafür wurden ihm zwei Canonicate bei dem Domstift zu Straßburg überwiesen, aber dieser Ersatz war ein sehr unbedeutender und ging außerdem später verloren. Die Angelegenheit der Canonicate hat den Regensburger Reichstag wiederholt und eingehend beschäftigt. Wir wollen von der sehr verwickelten Frage nur das Wesentlichste herausheben.

Nach langen Religionswirren im Elsaß, welche unter Anderem auch die con- sessionelle Spaltung des Domcapitels von Straßburg zur Folge gehabt hatten, waren durch den Vergleich von Hagenau (1604) die sechs protestantischen Mit­glieder des Capitels im Besitz ihrer Pfründen und Einkünfte belasten worden. Zwei dieser Domherrenstellen waren 1648 dem Herzog Adolf Friedrich von Mecklen­burg zugesprochen und wurden, wenngleich erst nach langen, unerquicklichen Streitigkeiten mit dem Straßburger Magistrat, von feinen Söhnen eingenommen. Allein der ungestörte Genuß dieser dürftigen Entschädigung war nicht von langer Dauer, denn 1681 erzwang Frankreich die Uebergabe Straßburgs und entzog den evangelischen Domherren sofort ihre Einkünfte. Obwohl nun den späteren Friedensschlüssen von Nymwegen, Ryswick und Rastatt die Bestimmungen des Osnabrücker Tractats, soweit sie sich auf die Restitution der evangelischen Canoni­cate bezogen, ausdrücklich zu Grunde gelegt wurden und, obwohl in dem Rastatter Vertrag noch eine besondere Bestätigung der Restitutionsacte erfolgte, so kam es doch tatsächlich nicht zur Ausführung dieser Verbindlichkeiten. Die Einkünfte der sechs eingezogenen evangelischen Stellen verblieben widerrechtlich den katho­lischen Mitgliedern des Capitels. Die Herzoge von Mecklenburg protestirten wiederholt gegen dieses Verfahren. Alle ihre beim Reichstage angebrachten Vor­stellungen theilten aber das Schicksal so vieler ähnlicher Recurse: sie blieben un­berücksichtigt. Das Reich war zu schwach, seinen geschädigten Ständen dem mächtigen Nachbarstaat gegenüber Recht zu verschaffen.

Die Angelegenheit trat in eine neue Phase, als durch die Decrete der fran­zösischen Nationalversammlung 1789 das Hochstift Straßburg überhaupt einge­zogen und jeder reichsständische Besitz im Elsaß durch die neue Verfassung dieser Provinz ausgehoben wurde. Friedrich Franz I. benutzte diesen Umschwung der Dinge zu einer erneuten Anregung beim Reichstag, und das durch seinen Gesandten übergebene Promemoria wies daraus hin:Se. Herzogliche Durchlaucht hielten sich für befugt, von kaiserlicher Majestät und dem Reich eine anderweite Schad­loshaltung für ihre bei dem westfälischen Friedensschlüsse aufgeopferten, altsürst- lichen Besitzungen (Wismar) nachzusuchen und zu gewärtigen." Wirklich erfolgte auch eine Beschwerde des kaiserlichen Gesandten in Paris, aber der bald darauf ausbrechende Krieg unterbrach vorläufig die Verhandlungen.

Inzwischen kam bei den Berathungen, welche dem R. D. H. Schluffe vorangingen, der Anspruch auf die beiden Straßburger Canonicate noch einmal zur Sprache und, wenngleich nur vorübergehend, zur Erledigung. Durch