Heft 
(1892) 70
Seite
253
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Danton.

V.

Physisch hat Danton den Staatsstreich vom 2. Juni 1793 um zehn Monate überlebt, politisch war er seit diesem Tage ein todter, ein entwürdigter Mann. Inmitten der allgemeinen Ermattung und Verwirrung, welche aus die Ausstoßung und Verhaftung der Girondisten folgte, am 17. Juni schloß er die zweite Ehe, zu welcher er sich seiner sterbenden ersten Frau gegenüber verpflichtet hatte. Be­zeichnend für den widerspruchsvollen Charakter der Zeit ist der Umstand, daß die streng royalistische Familie der sechzehnjährigen Sophie Gsly zu der Heirath ihre Zustimmung erst ertheilte, nachdem der Schwiegersohn sich zur Einsegnung durch einen unbeeidigten, in einer Dachkammer versteckten Priester und zu vorgängiger Beichte bei demselben verpflichtet hatte. Daß die Ueberlieferungen des alten Kirchenthums im französischen Volksbewußtsein Wurzeln besaßen, welche jeder Antastung spotteten, hatte sich freilich schon zu Ende des Jahres 1792 so unwider- sprechlich gezeigt, daß Danton's Unterwerfung unter die ihm gestellten Bedin­gungen kaum Verwunderung erregen konnte. Mitten in der Erregung über den Proceß des Königs waren das Weihnachtsfest und der Tag der heiligen Genoveva (der Schutzpatronin von Paris) vor überfüllten Kirchen gefeiert, Dan­ton's nächste Verwandte und Freunde, die Familien seiner ersten und seiner zweiten Frau keinen Augenblick in der Anhänglichkeit gegen die versehmten, un­beeidigten Priester erschüttert worden. Der unerschütterlichen Macht solchen Glaubensmuths beizukommen, war ein für alle Mal unmöglich. Aus die Ge­fahr seines Lebens kam Danton dem Willen seiner gestrengen zweiten Schwieger­mutter nach, um sodann in den Armen seines jungen Weibes das rings um ihn Lobende Chaos zu vergessen. Marat wurde ermordet, Robespierre in den Wohl­fahrtsausschuß ausgenommen, die neue Verfassung fertig gestellt, von der wahn­witzigen, weit über das Programm Robespierre's hinausgegangenen Commune gegen Alles gefrevelt, was jemals von Menschen heilig gehalten worden Dan­ton aber weilte an der Seite seiner Sophie und seiner Kinder zu Arcis-sur-Aube oder in dem Charpentier'schen Landhause bei Sävres. Sein Bedürfniß nach Ruhe ließ ihn die drohende Gefahr so vollständig verkennen, daß es dringender Auf­forderungen seiner Freunde bedurfte, damit er sich aus die Stellung besann, von der er nicht mehr loskommen konnte, an die er mit eisernen Klammern ge-