Heft 
(1892) 70
Seite
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Deutsche Rundschau.

schmiedet war. Wo er sich zum Eingreifen entschloß, bewies er die frühere Ueberlegenheit über den Mann, dessen Einfluß dennoch den seinigen getödtet hatte. Sein Werk war es, daß in der allgemeinen Auflösung und Verwirrung in dem Wohlfahrtsausschuß ein Regierungsmittelpunkt geschaffen wurde; von ihm ging der Vorschlag aus, durch die Vermittelung der nach Paris entsendeten Festgäste des 12. August Massenaushebungen zur Verstärkung der Armee vor­nehmen zu lassen; sein Erscheinen reichte dazu aus, das empörte Calvados zum Gehorsam gegen den Convent zurückzuführen und die Anwendung von Waffen­gewalt zu ersparen. Und doch war er zum Schatten dessen herabgesunken, was er einstmals gewesen. Daß er auf Milde und Versöhnung drang, daß er von weiterem Blutvergießen nichts mehr hören wollte, daß er seinen Schmerz über das Loos der Girondisten unter heißen Thränen aussprach und nichtsdestoweniger an der Verbindung mit Robespierre festhielt, schloß eine politische Bankerott- werdung ein, deren öffentliche Erklärung nur noch Frage der Zeit war. Von der in die Hände Hsbert's gerathenen Commune mit offenem Haß verfolgt, von den Jacobinern nur noch auf die Fürsprache Robespierre's geduldet, sah er in der Anklammerung an diesen ehemaligen Verbündeten die einzige Rettung. Daß er in dem Feldzuge gegen die Anarchisten und Tempelschänder Robespierre zur Seite stand und zu dem Sturz der Hebert, Clootz und Chaumette beitrug, ge­schah freilich aus eigener Entschließung und aus wohlerwogenen Gründen. Ge­rade wegen der Entschiedenheit seiner materialistischen Anschauung war der Schüler Diderot's und der Encyklopädisten geschworener Feind der fanatischen Pfaffen des Atheismus, welche die Pariser Kirchen entweihten und den religiösen Ueberzeugungen von dreißig Millionen katholischer Franzosen Gewalt anthun Zu können vermeinten. Hätte Danton sich freie Hand zu schaffen vermocht, er würde sich Wohl damit begnügt haben, diese Elenden unschädlich zu machen. In­dessen Robespierre's Willen war allein maßgebend geworden, und sie kamen aus das Schaffot. Danton's Gefügigkeit in dieser Angelegenheit sollte indessen nur das Vorspiel tieferer Erniedrigungen sein. Obgleich Desmoulins' publicistische Angriffe gegen den Despotismus der Ausschüsse Danton's Anschauungen durch­aus entsprachen, und obgleich das Verlangen nach Niedersetzung eineseoniita äs elämsnes" ihm aus dem Herzen gesprochen war, ließ er es geschehen, daß Robespierre den muthigen Verfechter der Preßfreiheit wie einen Schulbuben zur Rechenschaft zog. Für diesen getreuesten seiner Freunde wußte Danton nur Ent­schuldigungen, nicht Rechtfertigungen vorzubringen. Zu der am 17. Januar 4794 erfolgten Verhaftung seines ehemaligen Secretärs Fabre d'Eglantine schwieg er sogar vollständig, obgleich die gegen denselben erhobene Beschuldigung gesetzwidriger Begünstigung einer Handelsgesellschaft durchaus unerweislich war. Zwei Monate später traf dasselbe Loos einen anderen Vertrauten, den von Saint- Just mit tödtlicher Feindschaft verfolgten Hsraült des S6chelles, der ein ge­heimes Aktenstück verrathen haben sollte, dem in Wahrheit aber nur nachgewie­sen werden konnte, daß er einem verfolgten Royalisten hatte Schutz angedeihen lassen und Danton schwieg noch immer. Vergebens drangen Fabricius Paris und andere Freunde in ihn, auf die eigene Sicherheit Bedacht zu nehmen oder entscheidende Schritte zur Klärung der politischen Lage zu unternehmen. Zu