Heft 
(1892) 70
Seite
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Danton.

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im Jahre 1791 von den Gemäßigten Barnave und Lameth getrennt habe; er habe die Conventscandidatur des Herzogs von Orleans begünstigt und behauptet, die­selbe werde in Europa Effect machen; er habe an Theegesellschaften Theil ge­nommen, bei welchen Orleans den Punsch bereitet; er habe bei Gelegenheit der gewaltsamen Ausstoßung der Girondisten aus dem Convente eine verdächtige Zurückhaltung beobachtet; er habe Desmoulins zu publicistischen Ausfällen gegen den Wohlfahrtsausschuß aufgestachelt und um dieselbe Zeit hinter Desmoulins' Rücken über denselben verächtliche Urtheile gefällt; er habe am 10. August (dem Tage des Sturms auf die Tuilerien) verdächtige Lauheit gezeigt; er habe seinen Freund Fabre d Eglantine in verräterischer Absicht in das Lager des Ueber- läufers Dumouriez gesendet; er habe den General Westermann nach Paris kommen lassen, um mit Hülfe desselben eine bewaffnete Verschwörung in Ausführung zu bringen; er habe durch ausschweifenden Lebenswandel alle liederlichen Leute auf seine Seite gezogen. Zwischen diesen Beschuldigungen, die zum einen Theil überhaupt keine Beschuldigungen, zum anderen Absurditäten sind welche Robespierre's ergebenste Anhänger als solche anerkennen, finden sich An­klagen auf Entgegennahme von Bestechungen aus der Königlichen Casse, auf Ver­geudungen öffentlicher Gelder und in Brüssel geübte Erpressungen eingestreut. Daß Saint-Just die kritiklosen, rechtlich gar nicht in Betracht kommenden No­tizen seines Freundes nahezu unverändert in seine officielle Anklagerede aus­genommen, würde unglaublich erscheinen, wenn der imMoniteur" abgedruckte Sitzungsbericht das nicht ausdrücklich bezeugte. Rücksichtlich der Anklagen aus Bestechlichkeit und Unredlichkeit lag die Sache anders und sehr viel zweifelhafter.

Auguste Comte's literarischer Testamentsvollstrecker, Robinet, hat dem Privat­leben und den Vermögensverhältnissen Danton's ein ausführliches, von zahlreichen Actenstücken begleitetes und offenbar ehrlich gemeintes Buch (Danton, Nsmoire 8ur vio privso, karw 1865) gewidmet und in demselben die gegen die Ehren­haftigkeit seines Helden erhobenen Anklagen zu widerlegen versucht. Es wird nothwendig sein, die in Betracht kommenden Punkte einzeln durchzugehen.

Von dem Preise, den Danton im Jahre 1787 für sein Amt als Advocat desKöniglichen Raths" bezahlt hatte, und von der ihm drei Jahre später be­zahlten Ablösungssumme ist bereits die Rede gewesen. ,Lasahette's Behauptung, daß der letztere Betrag ein exorbitant hoher gewesen, und daß er zweimal aus­gezahlt worden, kann darnach für widerlegt gelten. Die bewilligte Summe ent­sprach der Höhe des gezahlten Preises, und die erhalten gebliebenen Quittungen beweisen, daß die Sache ordnungsmäßig erledigt worden. Fraglich bleibt aller­dings, wie der seines Erwerbes verlustig gewordene Advocat es angefangen habe, zugleich die Darleiher des 1787 aufgebrachten Ankausscapitals zu befriedigen, während der folgenden Jahre seinen und seiner Familie Unterhalt zu bestreiten und eine der Entschädigung gleichkommende Summe auf den Ankauf von Grund­stücken in Arcis-sur-Aube zu verwenden. Robinet's Einwendung, daß Danton eine einträgliche, mindestens 2000025000 Francs jährlich abwerfende Praxis gehabt und Ersparnisse gemacht habe, entbehrt, wie wir wissen, jeder festen Unter­lage, steht zu den zeitgenössischen Angaben in Gegensatz und führt zu dem zweiten Punkt: der Frage nach Danton's Beziehungen zu den Cassen des Hofes und des Herzogs von Orleans.

Deutsche Rundschau. XVIII, 5. 17