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Deutsche Rundschau.
In den erhalten gebliebenen Abrechnungen über die geheimen Fonds des Hofs und der Ministerien wird Danton's Name nirgend genannt, nirgend eine Anspielung gemacht, die zu seinen Ungunsten gedeutet werden könnte. Was Montmorin und Lasayette angeben, kommt über Allgemeinheiten nicht hinaus und bewegt sich rücksichtlich des Quantums der angeblich an Danton gewendeten Summen in Widersprüchen. Desto bestimmter äußern sich Mirabeau und der frühere Marineminister, Bertrand de Molleville. In einem (viele Jahre nach dem Tode der Betheiligten veröffentlichten) Briefe Mirabeau's an den Grasen La Marck (d. d. 10. März 1791) heißt es wörtlich: „Danton hat gestern 30000 Francs erhalten und ich besitze dennoch Beweise dafür, daß er es gewesen, der die letzte Nummer von Desmoulins' Journal geschrieben."
Ebenso präcise lautet die von dem Minister Bertrand de Molleville erhobene Anklage (Näinoirss xartieulisrs L. I. x. 354): „Durch Vermittelung desselben Durand hatte Danton unter dem Ministerium Montmorin mehr als 100 000Thaler (äeus) erhalten, um verschiedene Anträge im Jacobinerclub zu stellen und zu unterstützen. Die betreffenden Actenftücke hat Herr von Montmorin mir vor einem Jahre gezeigt, indessen nicht übergeben." Im dritten Bande der Memoiren Lafayette's kehrt dieselbe Anschuldigung wieder, nur daß die Summe auf 100000 Francs angegeben und hinzugefügt wird, Danton habe Herrn von Montmorin bei Gelegenheit der Gefängnißmorde tödten lassen, um sich dieses Zeugen seiner Schuld zu entledigen. Danton's Quittung über die 100000 Thaler behauptet auch Briffot vor Augen gehabt zu haben.
An Versuchen, das Gewicht dieser Zeugnisse zu erschüttern, hat es ebenso wenig gefehlt, wie an gegentheiligen Unternehmungen; zu greifbaren Resultaten haben diese Erörterungen indessen nicht geführt. Gravirend bleibt unter allen Umständen, daß die große Mehrzahl von Danton's Zeitgenossen seine Rechtlichkeit für zweifelhaft angesehen und sich zu der Meinung bekannt hat, daß er in der That der Mann gewesen, Bestechungen entgegenzunehmen — ein Verdacht, der gegen Robespierre, Saint-Just, Couthon u. s. w. niemals geäußert worden. Besondere Beobachtung verdienen auch die Memoiren der Frau Roland, welche die vorstehend genannten Männer mit tödtlichem Hasse verfolgte, nichtsdestoweniger aber nur von Danton behauptete, er habe aus den Taschen des Herzogs von Orleans geschöpft.
Uebler noch steht es um die Anschuldigungen, welche sich an Danton's Brüsseler Mission vom Winter 1792/93 heften. Von dem Verdacht, sich in Belgien fremdes Gut angeeignet zu haben, hat er sich nicht zu reinigen vermocht. Bestimmte Angaben über Art und Umsang dieser Aneignung liegen nicht vor, Wohl aber Actenftücke und Zeugnisse, welche die ^Beschuldigung in ein höchst bedenkliches Licht rücken. Aus dem Jahre 1793 ist ein an Danton gerichteter Brief des Bezirksausschusses von Bäthune (einem Städtchen der Provinz Artois) erhalten geblieben, der wie folgt lautet:
„Bürger! Zu Bäthune sind vor acht Tagen zwei mit Kisten beladene Wagen angehalten worden, die an Sie und den Bürger Lacroix adressirt sind. Wegen der Unsicherheit darüber, ob diese Gegenstände richtig adressirt sind und mit Rücksicht darauf, daß dieselben aus Belgien kommen, wo seit dem Verrath Dumouriez' äußerste Verwirrung in der Armee herrscht und zahl-