Danton.
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reiche verdächtige Personen auftauchen, und daß Bäthune nicht auf dem Wege nach Paris liegt, hat der Stadtrath die erwähnte Sendung untersucht. Wir haben diese Vorsichtsmaßregel gebilligt und an den Präsidenten des Convents geschrieben, damit derselbe uns auf Grund einer Besprechung mit Ihnen Aufklärungen ertheile. Da uns keine Antwort geworden, ersuchen wir Sie um eine Mittheilnng darüber, ob die Sachen Ihnen gehören."
Dieses Schreiben vervollständigt eine mehrere Jahrzehnte vor seiner Auf- z findung geschriebene Bemerkung der Denkwürdigkeiten des Abgeordneten Levasseur
(Bd. II,'S. 75):
„Im Correspondenzbüreau fand ich ein Schreiben der Verwalter des Districts von Böthune, welches mittheilte, daß aus Belgien drei an Danton und Lacroix adressirte Wagenladungen eingetroffen seien, welche die Behörden angehalten hatten, weil die Fuhrleute weder Frachtbriefe noch Pässe besaßen. Um eine skandalerregende Verhandlung zu vermeiden, stellte ich dieses Schreiben dem Vertheidigungsausschuß zu, ohne ihn auf der Tribüne verlesen zu haben .... Einige Tage, bevor die Anklage gegen Danton erhoben wurde, kam Saint-Just zu mir, um sich den Brief zu holen, von welchem er in Böthune hatte reden hören. Wir begaben uns in das Büreau des ehemaligen Vertheidigungsausschusses, fanden daselbst die Registratur des Actenstückes, dieses selbst aber war verschwunden. Auf Befragen erklärte der Secretär Petit, daß Danton dasselbe unter dem Versprechen der Wiedergabe entnommen habe, um es dem Präsidenten mitzutheilen. Der Präsident Gitton-Morveaux wußte sich der Sache genau zu erinnern, hatte den Brief selbst aber nicht gesehen; Danton hatte ihn um einen Passierschein für seine Koffer und diejenigen Lacroix' gebeten und angegeben, daß dieselben aufgehalten sworden seien. „Diese guten Verwaltungsbeamten," hatte er hinzugefügt, „scheinen zu glauben, daß Volksvertreter wie Perrückenmacher- gehülfen reisen und ihr Gepäck im Scheerbeutel mit sich führen." Ahnungslos hatte Morveaux den Passierschein ertheilt."
Für Danton's Ehre belastend, sind diese Thatsachen für Danton's Pro ceß i» gleichgültig geblieben. Keine derselben konnte beweislich erhärtet werden, keine
bedeutete ein Capitalverbrechen, und keines der vorstehend erwähnten Actenstücke lag den Anklägern vor. Daraus erklärt sich, warum der auf diesen Punkt bezügliche Theil der Anklage nur beiläufig behandelt und alles Gewicht auf Beschuldigungen politischer Natur gelegt wurde.
VI.
Die in der Frühe des 31. März in Ausführung gebrachte Verhaftung Danton's und seiner drei Freunde (Desmoulins, Philippeaux und Westermann) war nirgend ans Widerstand gestoßen. Als Paris am Morgen des letzten Märztages 1794 erwachte, befanden die vier Verhafteten sich bereits hinter den Mauern des Luxembourg, wo sie einen ausgedehnten Bekanntenkreis vorsanden: die näheren Freunde Hsrault des Sochelles, Lacroix, den schwererkrankten Fabre d'Eglantine, den Deputirten Thomas Paine (einen in Frankreich naturalisirten Anglo-Amerikaner), Bazire und eine ganze Anzahl dem Tode entgegensehender Royalisten. Danton begrüßte die bunt zusammengewürfelte Gesellschaft mit heiterer Ruhe, indem er Paine ein herzliches „Oooä zurief*), und die klebrigen versicherte, * daß er gehofft habe, sie befreien zu können. „In Revolutionszeiten," meinte er
im Hinblick auf Robespierre's neuen Erfolg, „fällt das Uebergewicht immer dem größeren Verbrecher zu (sn rävolution I'autoiM apgartisut au plus Zranä seÄsrnt).
i) Lächerlicher Weise figurirt dieser Gruß unter den Belegen, die Robinet für Danton's Herrschaft über die englische Sprache, bezw. seine umfassende Bildung anführt.
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