Danton.
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Möglich War diese Verurteilung freilich nur dadurch geworden, daß ihr Hunderte ähnlicher Verurteilungen vorausgegangen und Richter und Geschworene um die Reste von Ehre und Gewissen gebracht hatten, die denselben überhaupt geblieben waren. Danton hatte diesen Dingen lange schweigend zugesehen, er hatte der Abschlachtung der schändlichen, aber keines Verbrechens gegen die Republik schuldigen, geschweige denn überwiesenen Heb erlisten sogar zugestimmt. Jetzt kam die Reihe an ihn, jetzt sollte er dafür büßen, daß er dem Morden erst Einhalt zu gebieten versucht, nachdem dasselbe durch ihn in Zug gebracht worden war. Die Größe des an ihm verübten Verbrechens entsprach der Größe der Verschuldung, die er aus sich geladen hatte und die mit erbarmungslosem Gewicht über ihm zusammenbrach.
In das Gefängniß zurückgeführt, wahrte Danton die stolze Ruhe eines Mannes, der mit dem Leben abgerechnet hatte. Einen Augenblick von dem Schmerz über die Trennung von seinem jungen Weibe übermannt, rief er sich das historisch gewordene „Danton, keine Schwäche!" selber zu, um sodann mit dem ihm eigentümlichen derben Cynismus den unvermeidlichen Untergang der Sache seiner Gegner vorauszusagen. Den Menschen, „gut u'sst memo xas eapadls äs euirs un osut", bezeichnet^ er als Todescandidaten der nächsten Zukunft: „Ich, ich allein hätte ihn retten können! ... Es wird Alles in trostloser Verwirrung zu Grunde gehen! Ja, wenn ich Robespierre mein Gesäß, Couthon meine Beine hinterlassen könnte, so möchte die Sache sich noch eine Weile halten! So reiße ich Robespierre mit mir fort. ... An mir ist nicht viel gelegen, ich habe die Revolution genossen . . . allons äornür." — Zu der Angabe der Büchner'schen Tragödie, nach welcher Danton Nachts vor der Hinrichtung die „Pucelle", Desmoulins Poung's „Nachtgedanken" gelesen haben soll, hat eine Notiz des Riousfe'schen Memoire Veranlassung gegeben, nach welcher diese Bücher im Ge- sängniß des Luxembourg vorhanden waren: daß Danton sich eines derselben bedient habe, beruht aus Erfindung. Historisch ist dagegen die Notiz, nach welcher Danton seinem vom Henkerskarren aus zum Volke redenden Gefährten Desmoulins lachend gesagt hat: „Laß' das dumme Pack doch sein Vivs la Uäxubligus brüllen", und daß der letztere beim Passiren der rus 8t. klonors zu dem Hause Robespierre's hinüberries, dasselbe werde demnächst vom Erdboden verschwinden, — eine Vor- hersagung, die sich übrigens erst zweiundzwanzig Jahre später und das aus Gründen höchst unpolitischer Natur erfüllt hat.
Auf dem Richtplatz angelangt, wurden die fünfzehn Verurtheilten, Danton, Camille Desmoulins, Hsrault des Sschelles, Westermann, Philippeaux, Chabot, Bazire, Lacroix, Fabre d'Eglantine, Espagnac, Delaunah, die Brüder Frey, Guzman und Diedrichsen sofort auf das Schasfott geführt. Als Hsrault dasselbe bestieg, wollte er Danton umarmen, wurde von einem der Henker aber daran verhindert. „Dummer Teufel," herrschte Danton den rohen Gesellen an, „Du wirst nicht verhindern können, daß unsere Köpfe sich in Deinem Korbe küssen." Desmoulins übergab eine Locke seines Haars dem Scharsrichter mit der Bitte, dieselbe seiner Schwiegermutter zukommen zu lassen — Danton, der als letzter starb, befahl dem Henker, seinen abgeschlagenen Kopf dem Volke zu zeigen. „Er ist es Werth," fügte er hinzu.