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Deutsche Rundschau.
Als Meister Sanson den letzten Willen des Hingerichteten erfüllte, trat ein Augenblick stillen Grausens ein; dann rief die Bande bezahlter Zuschauer das unvermeidliche „Viv6 1a Räxudligus" — die versammelte Menge trennte sich in tiefem Schweigen, und Alles war vorüber. — Mont-Gaillard's Erzählung, nach welcher Robespierre der Hinrichtung seines gefährlichsten Nebenbuhlers vom Pont Tournant aus zugesehen haben soll, scheint auf Erfindung zu beruhen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat er der gleichzeitig abgehaltenen Conventssitzung beigewohnt.
Danton hatte bei seinem Ableben das sechsunddreißigste Lebensjahr noch nicht vollendet. Er hinterließ zwei Söhne erster Ehe, die vier und zwei Jahre alt waren und deren Nachkommen noch gegenwärtig zu Arcis-sur-Aube leben: seine zweite Frau, die sechzehnjährige Sohie Gsly, hat ihn um viele Jahre überlebt (sie war noch im Jahre 1844 am Leben), die Mutter soll 1814 gestorben sein. Die Söhne haben eidlich versichert, von ihrem Vater lediglich die im Jahre 1791 gekauften und mit 84960 Francs bezahlten Grundstücke ererbt zu haben; rücksichtlich des Vermögens, das derselbe seiner zweiten Frau hinterlassen, bezw. bei der Eheschließung zugeschrieben hat, liegen dagegen Daten nicht vor. Das sonst ausführliche Robinet'sche Buch thut dieses immerhin in Betracht kommenden Umstandes keine Erwähnung.
Danton's äußere Erscheinung ist wiederholt und genau beschrieben worden. Die ihn gekannt hatten, behaupteten indessen, daß diese Beschreibungen dem Original ebenso wenig gerecht geworden seien, wie die auf die Nachwelt gekommenen Bildnisse des merkwürdigen Mannes. Allein von der Hand David's, des berühmtesten Malers seiner Zeit, gibt es zwei größere Bildnisse und zwei Zeichnungen Danton's. Nach Meinung Michelet's, der sich mit dem Gegenstände eingehend beschäftigt hat, stammt das erstere der beiden größeren Porträts aus Danton's einunddreißigstem Lebensjahre, ist aber nur zum Theil aus dem Pinsel David's hervorgegangen. „Er gab die Arbeit auf, weil er sich außer Stande fühlte, seinem Gegenstände gerecht zu werden; einer seiner Schüler aber setzte das angefangene Werk fort, indem er mit gewissenhafter, um nicht zu sagen knechtischer Treue, Haar für Haar, Narbe für Narbe, Furche für Furche, Berg und Thal dieses aufgestülpten Antlitzes aus die Leinwand brachte. Der Eindruck des Ganzen ist derjenige eines peinlichen und Mühsamen Versuchs zur Entwirrung eines mächtigen, aber gewaltsamen und unreinen Geschöpfs: es ist als ob die Natur selbst im Zweifel gewesen sei, ob sie einen Menschen oder ein Monstrum zu Stande bringen werde." Vorzüglich soll das zweite, während einer Conventsitzung des Jahres 1793 ausgenommene Bild, eine Federzeichnung David's sein. „Es zeigt Danton mit weitgeöffneten, tiefliegenden Augen, rings um sich Schrecken verbreitend und doch von inneren Qualen zerrissen." Die beiden Profilskizzen werden von demselben Historiker in überschwenglicher Weise „als Mysterien des Schweigens und des Grausens" bezeichnet. — Danton war von riesenmäßiger, aber plumper Gestalt. Auf dem Nacken eines Stiers saß ein ungeheurer Kopf, unter der mächtigen, hohen und breiten Stirn sahen kleine, schwarze, funkelnde Augen hervor, die Nase war plump und aufwärts gestülpt, der Mund groß, sinnlich und von dicken fleischigen Lippen eingefaßt, das Kinn rund und energisch, das medusenartig dreinschauende Antlitz von Blatternarben entstellt, die Gebärde unschön.