Giovanni Battista de Rossi.
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christliche Mosaikmalerei stellt bekanntlich neben dem Basilikenbau das letzte Aufflammen des antiken Kunstgenius dar. Sie hat einen entscheidenden Antheil gehabt an der gewaltigen Wirkung, welche die altchristliche Basilika, von den Tagen Constantins ab, auf die Zeitgenossen geübt; sie erhielt sich auch in der Periode tiefsten Verfalles einigermaßen, um sich später wieder zu einer achtbaren Höhe emporzuschwingen. Die in den Kirchen Roms erhaltenen Denkmäler dieser Kunst wurden von de Rossi zum erstenmale in einer den Anforderungen der Gegenwart entsprechenden Weise in Chromolithographieen publicirt. Die Spithöver'sche Buchhandlung, die älteste deutsche Firma Roms, vielen Deutschen bekannt als eine stets bereitwillige und nützliche Vermittlerin, hat das nicht zu unterschätzende Verdienst, kein Opfer gescheut zu haben, um diese kostspielige und äußerst splendide Publication in würdiger Weise auszustatten und zu glücklichem Ende zu führen. Wer freut sich nicht au der Erinnerung, daß es deutsche Drucker gewesen sind, welche die italienischen Humanisten zuerst durch ihre neue Kunst der Typographie in Subiaco und anderwärts unterstützten, daß es deutsche Typographen waren, denen wir die ersten Drucke von Dante's vivina Oommockiu (die Ausgaben von Fuligno, Mantua) verdanken. So hat nun auch deutscher Fleiß seinen Antheil an de Rossi's Ruhme genommen.
Als ich vor vierzehn Jahren den dritten Band der „Koma sotterranoa" besprach, schrieb ich die Worte nieder: „ich weiß nicht, ob Jemand in Deutschland, der die Rossi'sche Forschung sorgfältiger, ernster und gewissenhafter untersucht, dieses Gebäude Stein für Stein so nachgeprüft hat, wie der Referent; gewiß aber kann Niemand dem Urheber des Werkes eine tiefere Bewunderung zollen, als der Schreiber, so daß er sich gerne das Wort zu eigen macht, das einst zwischen zwei großen Männern getauscht wurde: „Rantao miüi in Uttoris tui 8 guao in manus nostras voniro xotuorunt axparont ros, ut niüil stuckiorum moorum mallom, si P0886M, quam inüaeroro latori tuo"H.
III.
Gelehrte, welche ganz in der Vergangenheit leben, gehen meist in ihr auf. Gewohnt an die melancholische Poesie der Ruinen, haben sie für die Gegenwart nur selten mehr ein Auge. Frei und beglückt im Verkehr mit den Besten der Vorzeit, fühlen sie sich durch den Realismus, der sie umgibt, durch die niedrigen Leidenschaften und die erbärmlichen Nichtigkeiten des Tages abgestoßen. Wie viele von ihnen verlieren im ausschließlichen Umgang mit alten Steinen, Münzen, Sculpturen die Fähigkeit, noch etwas Anderes zu sehen, als das, was für sie die Welt ist. Solch ein „Antiquar" ist de Rossi nie gewesen. Weltmann von vollendeter Grazie der Formen und liebenswürdigstem Wesen hat er auch den Dingen dieser Zeit, dem Ringen und Kämpfen der heutigen Menschheit sein volles Interesse zu bewahren gewußt. Freilich, die Verhältnisse, die eigenthümliche Lage seines Vaterlandes und speciell Roms haben ihn in allen öffentlichen Angelegenheiten zu einer anscheinend vollkommenen Passivität verurtheilt. Einer gefallenen
1) 8. XuZustinns Hi6l-«U)E8. Lpist. I.XXIII, 5. „Alles, was von Deinen Schriften in meine Hände kam, entzückte mich so sehr, daß ich am lieb sten nur immer Seite an Seite mit Dir znfammengearbeitet hätte."