336 Deutsche Rundschau.
sagen, ich habe an einer Hamburger Schwiegertochter aus dem Hause Munk gerade genug."
„Aber, theuerste Freundin, ich begreife Sie nicht. Sie setzen mich in das aufrichtigste Erstaunen. Es ist doch kein Zweifel, daß Helene eine schöne Frau ist und von einer, wenn ich mich so ausdrücken darf, ganz aparten Appetitlichkeit.."
Jenny lachte.
. . Zum Anbeißen, wenn Sie mir das Wort gestatten," fuhr Schmidt fort, „und von jenem eigenthümlichen Charme, den schon, von Alters her, Alles besitzt, was mit dem flüssigen Element in eine constante Berührung kommt. Vor Allem aber ist mir kein Zweifel darüber, daß Otto seine Frau liebt, um nicht zu sagen in sie verliebt ist. Und Sie, Freundin, Otto's leibliche Mutter, fechten gegen dies Glück an und sind empört, dies Glück in Ihrem Hause vielleicht verdoppelt zu sehen. Alle Männer sind abhängig von weiblicher Schönheit; ich war es auch, und ich möchte beinah sagen dürfen, ich bin es noch, und wenn nun diese Hildegard, wie mir durchaus wahrscheinlich — denn die Nestkücken sehen immer am besten aus — wenn diese Hildegard noch über Helenen hinauswächst, so weiß ich nicht, was Sie gegen sie haben können. Leopold ist ein guter Junge, von vielleicht nicht allzu feurigem Temperament; aber ich^denke mir, daß er doch nichts dagegen haben kann, eine sehr hübsche Frau zu heirathem Sehr hübsch und reich dazu."
„Leopold ist ein Kind und darf sich überhaupt nicht nach eigenem Willen verheirathen, am wenigsten aber nach dem Willen seiner Schwägerin Helene. Das fehlte noch, das hieße denn doch abdanken und mich ins Altentheil setzen. Und wenn es sich noch um eine junge Dame handelte, der gegenüber einen allenfalls die Lust anwandeln könnte, sich unterzuordnen, also eine Freiin oder eine wirkliche, ich meine eine richtige Geheimerathstochter oder die Tochter eines Oberhospredigers . . . Aber ein unbedeutendes Ding, das nichts kennt, als mit Ponies nach Blankenese fahren und sich einbildet, mit einem Goldfaden in der Plattstichnadel eine Wirthschaft führen oder Wohl gar Kinder erziehen zu können, und ganz ernsthaft glaubt, daß wir hier zu Lande nicht einmal eine Seezunge von einem Steinbutt unterscheiden können, und immer von Lobster spricht, wo wir Hummer sagen und Curry-Powder und Soja wie höhere Geheimnisse behandelt, — ein solcher eingebildeter Quack, lieber Wilibald, das ist nichts für meinen Leopold. Leopold, trotz Allem, was ihm fehlt, soll höher hinaus. Er ist nur einfach, aber er ist gut, was doch auch einen Anspruch gibt. Und deshalb soll er eine kluge Frau haben, eine wirklich kluge; Wissen und Klugheit und überhaupt das Höhere, — darauf kommt es an. Alles Andere wiegt keinen Pfifferling. Es ist ein Elend mit den Aeußerlichkeiten. Glück, Glück! Ach Wilibald, daß ich es in solcher Stunde gerade vor Ihnen bekennen muß, das Glück, es ruht hier allein."
Und dabei legte sie die Hand aufs Herz.
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Leopold und Corinna waren in einer Entfernung von etwa fünfzig Schritt gefolgt und hatten ihr Gespräch in herkömmlicher Art geführt, d. h. Corinna hatte gesprochen. Leopold war aber fest entschlossen, auch, zu Worte zu kommen,