Heft 
(1892) 70
Seite
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Frau Jenny Treibel.

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wieder so denke un wie ich da aus der Thräne gar nich 'raus gekommen bin, da kann ich auch gegen die Commerzienräthin eigentlich nichts sagen."

Corinna seufzte, halb im Scherz und halb im Ernst.

Warum seufzst Du, Corinna?"

Ja, warum seufze ich, liebe Schmolke? Ich seufze, weil ich glaube, daß Sie Recht haben, und daß sich gegen die Räthin eigentlich nichts sagen läßt, bloß weil sie so leicht weint oder immer einen Flimmer im Auge hat. Gott, den hat Mancher. Aber die Räthin ist freilich eine ganz eigene Frau, und ich trau' ihr nicht, und der arme Leopold hat eigentlich eine große Furcht vor ihr und weiß auch noch nicht, wie er da heraus will. Es wird eben noch allerlei harte Kämpfe geben. Aber ich laß es darauf ankommen und halt' ihn fest, und wenn meine Schwiegermutter gegen mich ist, so schad't es am Ende nicht allzu viel. Die Schwiegermütter sind eigentlich immer dagegen, und jede denkt, ihr Püppchen ist zu schade. Na, wir werden ja seh'n; ich habe sein Wort, und das Andere muß sich finden."

Das ist Recht, Corinna, halt' ihn fest. Eigentlich Hab' ich ja einen Schreck gekriegt, und glaube mir, Marcell Wäre besser gewesen, denn Ihr paßt zusammen. Aber das sag' ich so bloß zu Dir. Un da Du nu 'mal den Treibel'schen hast, na, so hast Du'n, un da hilft kein Prätzelbacken, un er muß still halten und die Alte auch. Ja, die Alte erst recht. Der gönn' ich's."

Corinna nickte.

Un nu schlafe, Kind. Ausschlafen is immer gut, denn man kann nie wissen, wie's kommt, un wie man den andern Tag seine Kräfte braucht."

(Schluß folgt.)