Ein Thronerbe als Diplomat.
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Der Kaiser trug nachher: „„Wie alt ist Ihr Vater?""
„„Zwei und fünfzig Jahre, Sire.""
„„Aber dann ist er ja ein junger Fürst, ich glaubte ihn viel alter.""
„„Wie viel Einwohner hat Schwerin?""
„„Zehn Taufend, Sire.""
„„Ihre Gestüte haben sehr gelitten; haben Sie einige von den Hengsten retten können?""
„„Nein, Sire.""
„„Sie sind also alle weggenommen worden?""
„„Ja, Ew. Majestät.""
„„Wie viel Pferde verkaufen Sie im Jahre in Mecklenburg?""
„„Etwa zweitausend"" (um doch etwas zu antworten).
„„Ich glaubte, es feien viel mehr. Diese Pferde haben überall in Europa einen großen Ruf; alle Welt hat davon.""
„„Gewiß, Sire, aber man bezeichnet als mecklenburgische Pferde oft solche, die es nicht sind.""
Der Kaiser antwortete lachend: „„Das ist wie mit dem Champagnerwein, den man Euch in Hamburg fabricirt.""
„„Sie haben also mit Herrn von Tolstoi jenen Vertrag abgeschlossen, wegen dessen ich Ihnen den Krieg erklärt habe?""
„„Aber, Sire, man hat zwanzigtausend Mann gegenüber keinen Widerspruch. Uebrigens hat Ew. Kaiserliche Majestät dies alles zu vergessen geruht.""
Er antwortete lachend: „„Aber ich spreche davon ja nur wie von einem militairischen Factum. Ist der Friede geschlossen, so ist Alles vergessen. Aber Sie haben einen Vertrag unterzeichnet. Sie hätten besser gethan, nicht zu unterzeichnen.""
Ich erwiderte lächelnd: „„Aber Ew. Majestät hat alles das vergessen, ich bin dessen gewiß."" — Dies schien ihm zu gefallen.
„„Hat denn der König von Preußen von Ihnen ein Kontingent gefordert?""
„„Nein, Sire, aber Lieferungen, die der Herzog beständig verweigert hat.""
Er srug nachher nach den Entfernungen von Schwerin nach Hamburg, Stralsund, Stettin, Berlin, welches ich denn der Wahrheit gemäß beantwortete.
„„Ich besitze vortreffliche Karten von Mecklenburg,"" sagte er; „„ich habe sie genau studirt, als es sich darum handelte, die Corps des Generals Blücher und des Prinzen von Hohenlohe abzuschneiden. Wie kommt es, daß man so schöne Karten bei Ihnen angefertigt hat?""
„„Sire, das war ein Unternehmen des Grasen Schmettau.""
Hier wandte er sich zu der Kaiserin und sagte zu ihr:
„„Das ist derselbe, der in Weimar gestorben ist; er war einer von den Anstiftern des Krieges.""
„„Friert denn die Ostsee Lei Ihnen zu?""
„„Nein, Sire.""
„„Friert die Passage zwischen Rügen und Stralsund im Winter zu?""
„„Ich glaube es nicht, obschon ich es nicht mit Bestimmtheit sagen kann.""
„„Hat man Ihnen Ihre Kanonen weggenommen?""
„„Ja, Sire, alle.""
„„Waren sie gut?""
„„Es gab gute darunter. In dem Augenblick, in dem man unsere Truppen ent- waffnete, wurde Alles sortgesührt. Es ist zur Zeit nichts mehr davon vorhanden.""
„„Es sind wohl nicht gerade Ihre Geschütze, die Sie am meisten bedauern?""
„„Gewiß nicht, Sire, wir haben leider noch manches Andere zu beklagen.""
„„Ist Rostock ein Platz, den man befestigen könnte?""
„„Ich glaube, dies würde nicht viel nützen; wenigstens war dies die Meinung der Generale Ew. Majestät, die dort commandirten.""