Heft 
(1892) 70
Seite
368
Einzelbild herunterladen

368

Deutsche Rundschau.

gegen jeden Wunsch Napoleon's, diese Verbindung erzwungen, und die junge Prinzessin schweren Herzens der Staatsraison das Opfer gebracht. Allein das Schicksal fügte es, daß der leichtsinnige und sonst so wenig achtungswerthe Jsrome bald die Neigung seiner Gattin gewann, und als nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und der ihm affiliirten Dynastien König Friedrich von seiner Tochter die Scheidung verlangte, wies dieselbe die wiederholten, darauf gerichteten Zu­muthungen zurück, erklärte hochherzig, ihren Gatten, dessen glanzvolle Zeit sie getheilt, nun im Unglück nicht verlassen zu können und folgte ihm ins Exil. In dieser Wandlung der Empfindungen glich ihr Schicksal dem der Prinzessin Auguste von Bayern, welche die Ehe mit Eugen Beauharnais, dem Vicekönig von Italien, gleichfalls gegen ihren Willen hatte eingehen müssen und dennoch in derselben ihr Glück fand.

Die hier genannten Fürstinnen bildeten den Mittelpunkt des glänzenden Kreises, der sich in Fontainebleau versammelt hatte und der durch das unab­lässige Zuströmen fürstlicher und vorn ebner Fremden, literarischer oder künst­lerischer Berühmtheiten und geladener Gäste sich in anregender Weise erneuerte. Kaiserin Josephine entfaltete bei den Festen, die sie veranstaltete, einen Luxus, der dem Kaiser oft zu w>it ging. Denn bei aller Prachtliebe war er doch ökonomisch. So rühmte er sich, daß die Hofjagden, die hier abgehalten wurden, bei Weitem nicht so viel kosteten, als zur bourbonischen Zeit. Der Etat des Hofjagddepartements habe unter Ludwig XVI. vier Millionen betragen, während er jetzt unter ihm höchstens ca. eine halbe Million ausmache. Allerdings war die kostspielige Falknerei abgeschafft. Die Jagden in Fontainebleau, an welchen auch der Erbprinz theilnahm, bestanden in Hetzen aus Hirsche und Sauen mit eüiens eourant8 und Treibzagen, bei welchen das Jagdrevier mit Netzen abgestellt war. Das Frühstück wurde im Wald unter einem prachtvollen Zelt eingenommen. Die Damen der kaiserlichen Familie und des Hofes erschienen zu demselben, folgten auch der Jagd in Kaleschen.

Nachdem der russische Botschafter, Graf Tolstoi, am 6. November seine Antrittsaudienz gehabt hatte, suchte der Erbprinz ihn auf und theilte ihm die Zusicherungen mit, welche er vor einigen Monaten in Petersburg mündlich vom Zaren erhalten. Der Botschafter erklärte, daß ihm dies Alles bekannt sei, stellte auch bereitwillig seine Dienste zur Unterstützung der mecklenburgischen Wünsche zur Verfügung, rieth aber dem Erbprinzen, sich mit seinem Vortrag direct an den Kaiser zu wenden und zunächst in generellen Ausdrücken seine Bereitwilligkeit zum Eintritt in den Rheinbund zu erkennen zu geben.

Friedrich Ludwig folgte diesem Rath. Gleich am nächsten Tage beim Lever blieb er, nachdem die andern Anwesenden das Zimmer verlassen hatten, zurück, näherte sich dem Kaiser und sprach sich im obigen Sinne aus. Zugleich empfahl er auch die Interessen des Strelitzer Hauses, welches eine ähnliche Erklärung abgeben werde. Napoleon nahm diese Mittheilungen wohlwollend auf und bemerkte am Schluß:Sobald unser Bündniß seststeht, werde ich seine Be­dingungen gewissenhaft halten."

Der Erbprinz begab sich nun zu Graf Tolstoi, der von dem Ergebniß der Unterredung befriedigt schien und seine Verwendung aufs Neue zusagte. Nur