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Deutsche Rundschau.
Artikel XII. des Tilsiter Friedens in Mecklenburg nur die Seehäfen französische Besatzung behalten sollten, befanden sich noch überall französische Garnisonen im Lande; außerdem litt dasselbe ungemein durch die fortgesetzten Durchmärsche, welche der Krieg mit Schweden und die Besetzung Pommerns veranlaßten. Die Bemühungen des Erbprinzen, dem Artikel XII. Geltung zu verschaffen, stießen, wie wir weiter unten sehen werden, fortgesetzt aus Schwierigkeiten.
Zunächst boten diese sich auch aus dem Boden der Vertragsunterhandlungen. So freundlich sich der Kaiser gegen den deutschen Prinzen gezeigt, so bemerkte dieser doch sehr bald, daß die Minister und Marschälle eine kühle Zurückhaltung bewahrten, sobald es sich um geschäftliche Abmachungen handelte. Sie verschanzten sich dann hinter allgemeine Instructionen, nahmen Alles aä rswrsnäum und vertrösteten auf Entscheidungen des Kaisers, die lange auf sich warten ließen und ohne neue Demarche gewöhnlich nicht zu erlangen waren. Herr v. Champagny namentlich war in solcher dilatorischen Behandlung äußerst geschickt. Der Erbprinz. der in den ersten Tagen noch gehofft hatte, seine Mission in Kürze erledigen zu können, fühlte bald, daß er ohne kräftige Unterstützung nicht so rasch weiter kommen werde. Er erbat sich diese daher aufs Neue von dem Zaren, schrieb auch an dessen Minister des Auswärtigen, den Grafen Romanzoff, der kurz zuvor auf Baron Budberg gefolgt war, und hatte eine längere Unterredung mit Herrn von Talleyrand. Der Prinz berichtete darüber am 11. November:
„Der Fürst hörte mich sehr ruhig und freundlich an und bat, ich möge ihm erlauben, seine Ansicht ganz offen zu äußern, wie Jemand, der mein Freund und meinem Interesse zugethan sei. Er habe stets gesucht, unser mecklenburgisches Interesse innigst an das russische zu knüpfen, sehr überzeugt, daß, wenn einmal mit dieser Macht negotiirt würde, unser Schicksal sich wenden müsse. Dieses sei nun auch der Fall gewesen. Man betrachte mich hier wie einen xoint äs eontaet, mit Rußland. Alles also, was man für uns thue, sei bis jetzt um Rußlands willen geschehen, und so würde es auch nur in der Folge sein, da man nichts mehr erwünscht, als demselben gefällig zu sein. Einen Theil dieses Wohlwollens könne ich anjetzt meiner Persönlichkeit zuschreiben. Da der Kaiser mich kennen und schätzen gelernt habe, so würde er auch aus diesem Grunde gerne etwas thun. Das große Einverständniß mit Rußland würde machen, daß ich Alles erhalten würde, was ich wünschte. „„Sie haben nun hier einen Gesandten; der russische Botschafter ist auch Gesandter Mecklenburgs,"" setzte er hinzu. Hieraus sagte er mir, daß gleich bei der Reintegration meines gnädigsten Vaters des Kaisers Wille gewesen sei, daß Mecklenburg gänzlich von den Truppen evacuirt werden sollte. Zu gleicher Zeit rieth er mir, uns nicht zu schwach zu schildern, weil dies oft die Achtung vermindere, auch nicht von dem Nutzen zu reden, von welchem wir der Conföderation sein würden. „„Denn im Grunde sind Sie uns von gar keinem Nutzen, so wenig wie der ganze Rheinbund. Wir legen nur insofern Werth daraus, als er dazu dient, die öffentliche Meinung aus einen Mittelpunkt zu lenken. Geben Sie Ihr Memoire dem russischen Botschafter, damit er es selbst vorlegt. Thun Sie es lieber heut als morgen, lieber morgen, als in drei Tagen."" Er sagte alles dieses aus die höflichste und artigste Weise.
Ich ergreife diese Gelegenheit zu berichten, wie außerordentlich geschätzt und geliebt der Oberhosmeister von Lützow hier ist. Der Fürst von Benevent und die meisten französischen Minister haben mit vieler Wärme nach ihm gefragt und mir versichert, wie sehr er ihr Zutrauen und ihre Achtung besäße, mit welcher Treue und welchem Eifer er sich in Warschau dem Dienste seines Herrn gewidmet hätte. Fast scheint es mir, als wenn man hier verwundert, ja selbst ein wenig empfindlich darüber gewesen ist, daß die Wahl eines Gesandten nicht aus ihn gefallen ist.