Heft 
(1892) 70
Seite
371
Einzelbild herunterladen

Ein Thronerbe als Diplomat.

371

Plötzlich ist entschieden worden, daß Se. Majestät der Kaiser von hier auf einige Wochen nach Italien geht. Länger wird aber die Abwesenheit nicht dauern. Niemand auf der Welt kann dieses mehr wünschen, wie ich, weil ich bezweifle, daß vor der Abreise des Kaisers in unseren Angelegenheiten eine Entscheidung stattfinden wird."

Den 12. November. Ich habe heute Mittag halb drei Uhr meine Conferenz mit dem Herrn von Champagny gehabt. Uni nicht zu weitläufig zu werden, bat ich ihn um Erlaubniß, ihm mein Memoire vorlesen zu dürfen. Er erwiderte, daß er gewohnt sei, es selbst zu thun, welches denn auch gleich der Fall war. Wie er bis zu dem Artikel gekommen war wegen Abminderung des Contingents, hielt er ein und sagte:Gestatten Sie mir, Ihnen zu bemerken, daß Sie da zwei Anträge stellen, die sich widersprechen. Sie wollen Großherzog werden, und Sie wollen dabei weniger Truppen stellen, als viele andere in dem Fürstencollegium. Das wird dem Kaiser die Sache erschweren."" Ich führte mit einigen Details an, was Mecklenburg ge­litten habe und durch die starke Einquartirung noch leide. Er kam aber immer wieder darauf zurück, wie schwierig es fein würde, diesen Punkt zu bewilligen. Ich sagte zuletzt, daß dieses nur ein Wunsch unsererseits sei, daß natürlich Alles von der Entscheidung Sr. Majestät abhängen würde, daß es sich vielleicht ermöglichen laste, wenn der Kaiser die Gnade hätte, Mecklenburg gänzlich von den französischen Truppen zu evacuiren. Solange wie die da wären, fei es ganz unmöglich, die geforderten Truppen zu stellen. Jeder Tag kostet an fünf tausend Thaler, und die Mittel zum eigenen Bedarf des herzoglichen Hauses fehlten in diesem Augenblicke. Ich sprach auch von den nach Pommern gemachten Lieferungen und von der Hoffnung, die man uns eröffnet hätte, daß solche von der Hamburger Contribution bezahlt werden sollten.

Das Ende unseres Gesprächs war, daß er mein Memoire dem Kaiser zu lesen geben würde. Er bemerkte aber dabei:Alles das ist eigentlich weniger Gegenstand einer Unterhandlung als des persönlichen Wohlwollens des Kaisers."" Die Annahme eines Gegenprojects lehnte er zunächst ab."

Auch der russische Botschafter, der die mecklenburgischen Wünsche bei dem Minister unterstützte, fand diesen sehr kühl. Champagny hatte sehr Wohl be­merkt, daß ausdrückliche Instructionen des Zaren für diesen Fall nicht oder noch nicht ertheilt waren.

Unser Schicksal," schrieb der Prinz,liegt ganz in den Händen Rußlands, und wenn ich auch überzeugt bin, daß solches sich unserer kräftig annehmen wird, so werden doch immerhin noch Wochen bis zur Rückkunft des vorgestern abgefandten Couriers Verstreichen, und wird dadurch mein Aufenthalt leider verlängert werden.

Heute Morgen beim Lever erinnerte ich den Herzog von Neufchatel an meine Note wegen Rückziehung der Truppen. Er sagte, er fei vier Tage in Paris gewesen, werde aber dem Kaiser jetzt Vortrag halten. Er fügte hinzu, er fühle ganz unsere Lage und, als ich ihm bemerkte, daß die bevorstehende Abreise des Kaisers mich eine vorherige Entscheidung wünschen ließe, versprach er dahin zu wirken. Da die Ab­reise immer erst in dem Augenblicke bekannt wird, in dem sie stattfindet, und es nachher bei Aufbruch des ganzen Hofes schwer sein könnte, Pferde zu bekommen, so habe ich meine Herren, mit Ausnahme von Bosset, nach Paris vorausgefchickt.

Heute Abend hat mir die Kaiserin gesagt, daß die Abreise des Kaisers noch einige Tage aufgeschoben sei, daß ich doch so lange noch hier in Fontainebleau bleiben möchte. Sie setzte noch unendlich viel Gnädiges und, ich darf sagen, Freundschaft­liches hinzu, wie sehr der Kaiser mir gewogen sei, sprach mir auch Von meinen An­gelegenheiten, wollte mit dem Kaiser davon reden, wenn ich ihr sagen wollte, Was wir wünschten, und gab mir guten Rath, was ich Gelegenheit nehmen sollte, dem Kaiser zu sagen. Ich habe gesucht, diese Conversation fallen zu lasten, da ich gute Gründe habe, in politische Angelegenheiten die Damen nicht zu verwickeln."

24 *