Heft 
(1892) 70
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Ein Thronerbe als Diplomat.

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Was sich auf Deutschland bezog, wurde äußerst schleppend betrieben. Der Fürst- Primas selbst klagte gegen den Erbprinzen darüber und sagte ihm, er habewegen der Bundesangelegenheiten und des Concordats schon zweiundzwanzig Memoires eingereicht und noch auf keins eine Silbe Antwort erhalten."

Auch in der Besatzungssrage ging nicht Alles nach Wunsch. Am I. December hatte General Laval Schwerin verlassen, wo er gerade ein Jahr residirt hatte, allein der Marschall Bernadotte, Prinz von Ponte Corvo, weigerte sich, seine Truppen aus dem Lande zu ziehen. Einige Regimenter ließen sich sogar Excesse zu Schulden kommen, so daß der Herzog genöthigt war, den Geh. Rath von Bülow mit einer Beschwerde an den in Hamburg residirenden Marschall zu schicken. Bernadotte empfing den Abgesandten sehr artig, erklärte ihm aber, es sei unmöglich, ganz Mecklenburg zu räumen. Er wisse nicht, wohin er sonst die Truppen verlegen solle, denn der Kaiser habe ausdrücklich befohlen, das Hannöver'sche zu schonen. Directe Befehle der Räumung seien ihm auch gar nicht zugegangen, und er müsse solche erst von Paris abwarten. Bülow erreichte nur, daß das unter dem Befehl des Obersten Ameil stehende Regiment der OüevauxIsKsrs doiMs (elfhundert Pferde stark)wegen der vielfachen und fast nicht zu steuernden Excesse und Exactionen" aus dem Lande gezogen und dafür ein nur fünfhundert Pferde starkes Regiment spanischer Kavallerie von Lauenburg nach Parchim verlegt werden solle. Auch der Erbprinz erhob in Paris Beschwerde, und Napoleon, den er am Tage nach der Ankunft beim Lever begrüßte, versprach Abhülfe.

Einige Tage später, am 9. Januar begegnete der Erbprinz Herrn von Champagny in einer Gesellschaft.Da ich Sie gerade treffe, Hoheit," sagte dieser,so erlaube ich mir mitzutheilen, daß der Kaiser mir heute besohlen hat, den Tractat mit Ihnen zu Ende zu bringen, aber auf der von uns vorgeschlagenen Basis." Der Erbprinz war sehr betroffen und erklärte, das sei ihm unmöglich. Der Kaiser habe doch die deutschen Fürsten als Souveräne anerkannt. Seine Protection sei für Mecklenburg allerdings werthvoll, doch würde es in seiner alten Lage besser daran sein, als im Rheinbund auf der Fürstenbank, wodurch es eo ipso heruntergesetzt und noch mit neuen Lasten beschwert würde. Der Minister entgegnete, daß die Protection nur durch den Rheinbund erlangt werden könne, und setzte mit einiger Lebhaftigkeit hinzu:Meiner Treu, der Kaiser ist Herr in seinem Hause, und es ist nicht unmöglich, daß ein Augenblick kommt, wo er nur diejenigen als Souveräne anerkennen wird, die sich in der Konföderation befinden." Gegen dieses Argument wußte der Prinz nichts einzuwenden. Er suchte nun zu erreichen, daß in dem Tractat wenigstens principiell irgend eine Entschädigung für die erlittenen Verluste zugestanden werde, aber der Minister wollte davon nichts hören.Reden Sie jetzt gar nicht von Entschädigungen. Sie können das später immer noch fordern. Der Hauptpunkt ist heute, zur Konföderation zu gehören." Schließlich kam man überein, daß der Prinz noch eine Privataudienz erbitten solle.Sagen Sie dann aber auch dem Kaiser," schloß Champagny,daß Sie mich unerbittlich gefunden haben."

Ich werde ihm sagen," erwiderte der Prinz lächelnd,daß ich den Minister des Auswärtigen unerbittlich gefunden, aber nicht Herrn von Champagny!"