Heft 
(1892) 70
Seite
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Ein Thronerbe als Diplomat.

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Ich bitte nun unterthänigst, ungesäumt die nöthigen pltziu-xouvoirs für Herrn von Bosset aussertigen zu lassen, und denjenigen Traktat zu unterschreiben, welchen ich ihn abzuschließen autorisiren werde.

Sobald der Accessionstractat abgeschlossen und unterzeichnet sein wird, werde ich einen Courier damit absenden, und sobald derselbe von Ihnen ratificirt und hier aus­gewechselt sein wird, werde ich mit inniger Freude meine Rückreise antreten. Gegen dem wird der O. H. M. von Lützow hier eingetroffen sein können, wo nicht, so wird Herr von Bosset auch die wenigen Wochen süglich noch hier bleiben.

Die russische Ambassade habe ich denn natürlich auch von dem Vorgesallenen unterrichtet, und man hat mich sehr in dem Vorsatze bestärkt, dem Kaiser von Rußland ehemöglichst zu schreiben, ihm Kaiser Napoleons Aeußerung über Schwedisch-Pommern zu melden und ihn zu bitten, sich gleichsalls beisällig zu erklären. Uebrigens hat mir der russische Ambassadeur versichert, daß der jetzige Augenblick vortrefflich sei, und daß er glaube, daß Alles gut gehen würde."

So günstig als der Erbprinz glaubte, lagen indessen die Dinge nicht. Strelitz nahm die von Champagny vorgelegte Vertragsacte ohne Einwendungen an. Der Graf von Schlitz Unterzeichnete den Beitritt zum Rheinbund am 18. Februar; das Contingent war auf vierhundert Mann festgesetzt. Champagny fand, daß Schwerin auch pure unterzeichnen sollte, nachdem das Schweriner Contingent auf 1950 Mann ermäßigt war. Der Erbprinz hoffte aber noch auf die russische Inter­vention und die Gewährung seiner anderen Wünsche durch den Kaiser Napoleon, verhielt sich also abwartend.Ich bin entschlossen," schrieb er am 22. Februar, ohne die allerhöchste Noth, durchaus nicht anders, als unter bestimmten Zu­sagen zu unterzeichnen, da ich überzeugt bin, daß solches für unsere Existenz und unsern Credit unumgänglich nothwendig ist. Auch Graf Tolstoi räth dazu. Er hat noch gestern eine Unterredung in unserer Angelegenheit mit Herrn von Champagny gehabt. Es scheint aber, daß andere deutsche Diplomaten hier da­gegen arbeiten, und der Minister selbst unserer Sache nicht hold ist." Am 23. Februar kam es zwischen Letzterem und dem Erbprinzen nochmals zu einer Aus­einandersetzung, die resultatlos verlies. Champagny behauptete, der Kaiser habe das Gesuch des Mecklenburgers ja schon abgeschlagen. Nach dem Wortlaut der Unterredung war dies keineswegs der Fall. Der Kaiser hatte sich vielmehr nähere Informationen Vorbehalten und eine bestimmte Antwort gar nicht ertheilt.

Um endlich Klarheit zu erhalten, beschloß Friedrich Ludwig, sich noch einmal direct an Napoleon zu wenden. Beim Lever des nächsten Tages, als alle Anderen hinausgingen, blieb er zurück.

Der Kaiser schien guter Dinge zu sein. Der Prinz trug seine Angelegenheit bescheiden, aber eindringlich vor. Er sagte zum Schluß, er sei überzeugt, daß noch keiner von allen deutschen Fürsten mit so viel Freimuth zu ihm, dem Kaiser, gesprochen habe. Napoleon lächelte zustimmend, gab aber sonst nur aus­weichende Antworten: man müsse erst die Ansicht der deutschen Fürsten hören, es sei nicht so eilig, der Erbprinz reise ja noch nicht ab; er werde sich informiren, und als der Erbprinz nochmals um sofortige Entscheidung bat, meinte er freund­lich, aber bestimmt:Nun, Sie müssen doch einsehen, daß ich nichts überstürzen kann; in einigen Tagen werde ich mich entscheiden und Ihnen Nachricht geben."

Das Alles war nicht gerade ermuthigend, und es gehörte eine gewisse nord­deutsche Zähigkeit, sowie der dem Prinzen eigene Optimismus dazu, immer noch