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Deutsche Rundschau.
besondere politische Motive maßgebend gewesen seien. (Bekanntlich wurde das ehemalige reichsfreie Bisthum Würzburg 1803 an Bayern überwiesen und 1806 als Entschädigung für Ferdinand von Toscana zum Großherzogthum erhoben.) Schließlich sagte Herr von Champagny, indem er einen vertraulichen Ton anschlug:
„Ich glaube, mein Prinz, Sie legen überhaupt diesem Titel einen Werth bei, der ihm im Grunde nicht zukommt. Der ganze Rheinbund ist eigentlich noch ein Kind in den Windeln. Nichts ist dabei fest beschlossen. Sie quälen sich da um ein Phantom, denn binnen Kurzem wird es sich vielleicht gar nicht mehr um zwei Collegien handeln. Wer weiß, ob sie nicht in eins verschmolzen werden. Ihr Hauptziel muß sein, dem Kaiser persönlich vortheilhaft bekannt zu sein, und dazu dient Ihnen Ihr hiesiger Aufenthalt; denn der Kaiser schätzt Sie außerordentlich. Es herrscht darüber hier nur eine Stimme, das wird er niemals vergessen. Das Wesentliche ist, daß, wenn er sich einmal mit allen diesen Arrangements beschäftigt und Gebietsvertheilungen vornimmt, er sich des günstigen Eindrucks erinnert, den Sie bei ihm hervorgerufen haben, und daß er Ihnen dann eine Gebietsentschädigung gibt. Ich kann Ihnen versichern, daß er durchaus dazu bereit ist. Das ist heute seine bestimmte Absicht."
Der Minister fügte noch viel Schmeichelhaftes über die diplomatische Gewandtheit und das geschickte Auftreten des Erbprinzen hinzu. Dieser ließ sich aber durch diese glatten Redensarten nicht täuschen und schrieb noch an demselben Tage, daß er „nur um seinem gnädigsten Vater zu beweisen, wie er nichts scheue, um ihm zu dienen, nochmals eine Unterredung mit dem Kaiser suchen werde, wenngleich er sie für aussichtslos halte. Sein Bestreben sei jetzt, die Kriegs- und Militärlasten herabzumindern und das Land von der lästigen Besatzung zu befreien."
Bei den Levers der nächsten Tage fand sich nicht die Gelegenheit, mit dem Kaiser allein zu reden; es gelang erst am 18. März. Das Gespräch hatte denselben Verlauf, wie die früheren. Napoleon erklärte, zur Zeit keine Entschädigung gewähren zu können, vertröstete aus die Zukunft und meinte schließlich, wenn Mecklenburg ohne bestimmte Zusicherungen dem Rheinbund nicht beitreten wolle, so möge es in seinem jetzigen Zustand bleiben. Der Erbprinz sah ein, daß zur Zeit nichts weiter zu erreichen war, und entschloß sich, den französischen Vertragsentwurf anzunehmen. Ehe er aber die formellen Schritte zur Unterzeichnung that, holte er sich noch einmal Rath bei einem Manne, den er seinen Berichten nach schon früher wiederholt in dieser Angelegenheit befragt, und der sich ihm sehr wohlwollend bezeigt hatte. Der Name dieses Staatsmannes, der als sehr einflußreich, mit den geheimsten Dingen vertraut und dem Kaiser nahestehend bezeichnet wird, ist in den Berichten ausdrücklich verschwiegen. Doch deuten verschiedene Anzeichen daraus, daß es der Staatsminister Maret war, mit welchem Herr von Lützow schon in früherer Zeit freundschaftliche Beziehungen unterhalten hatte. Diesen ungenannten Staatsmann suchte der Prinz am folgenden Tage aus. Derselbe kannte bereits den Inhalt des stattgehabten Gesprächs. Napoleon selbst hatte es ihm mitgetheilt und dabei gesagt, daß er dem Erbprinzen günstige Aussichten für die Zukunft eröffnet habe. Auf die Frage des Prinzen, was er nun thun solle, antwortete jener: „Mein Rath ist, daß Sie unterzeichnen. Da der Kaiser so günstig für Sie gestimmt ist, so müssen Sie ihm Vertrauen zeigen; er ist dafür sehr empfänglich. Außerdem schafft der Vertrag kein Präjudiz für