Ein Thronerbe als Diplomat.
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die spätere Geltendmachung Ihrer Wünsche. Ich versichere Sie, der Kaiser ist Ihnen sehr gewogen. Was ich noch ferner dazu thun kann, Ihnen hier zu nützen, soll gewiß geschehen, doch wird es, wie gesagt, nicht nöthig sein. Ihre Angelegenheiten gehen von selbst, und ich bin fest überzeugt, daß Sie mit der Zeit alles das erreichen werden, was Sie wünschen." —
Der Erbprinz verabredete nun mit dem Minister des Auswärtigen eine Conferenz zur Unterzeichnung des Vertrages. Dieselbe fand am 22. März statt. Die Accessionsacte war ganz so verfaßt, wie in den früheren Beitrittsfällen. Von den sechs Artikeln erklärte der erste den Eintritt Mecklenburgs in den Rheinbund vom 12. Juli 1806; der zweite wies dem Herzog den Sitz im Fürstencollegium an, der dritte untersagte den Durchzug irgendwelcher Truppen, die nicht zum Rheinbund gehörten. Im vierten wurden den katholischen Unterthanen die freie Religionsübung und die gleichen bürgerlichen und politischen Rechte, wie den lutherischen zugestanden; der fünfte setzte das Contingent auf achtzehnhundert Mann fest, und der letzte bestimmte eine Frist von sechs Wochen zur Ratification.
Der Kammerherr von Oertzen reiste noch an demselben Abend mit dieser Urkunde nach Ludwigslust, wo er am 31. früh, also schon nach achteinhalb Tagen eintraf. In dem erläuternden Bericht, mit welchem Friedrich Ludwig diese Sendung begleitete, hieß es u. A.:
„Das angefetzte Contingent wird vielleicht etwas stark erscheinen, aber es war unmöglich, dies abzuändern. Es ist einmal als Norm angenommen, daß Alle, die aus der Fürstenbank sitzen, von 150 Einwohnern Einen stellen müssen. Daraus wird ersichtlich, daß man bei uns eine geringere Population als 300 000 Menschen annimmt, und ich habe geglaubt, gut zu thun, diesem nicht zu widersprechen, weil wir sonst noch mehr hätten geben müssen. Allemal wird es nöthig sein, Kavallerie zu stellen, was eine außerordentliche Ersparung ist. Die früheren Stipulationen wegen Kavallerie
und Artillerie sind weggefallen.Ich glaube, wir können Alles dieses als
ein aä interim betrachten. Die Hauptsache scheint mir jetzt zu sein:
1. dem Bunde beigetreten und zwar äe bonne Zrüee beigetreten zu sein, weil dies wenigstens den vexations der in unserer Nachbarschaft garnisonirenden Generals Einhalt thut;
2. sich hier so gut wie möglich zu stellen, weil ich glaube, daß es in der nächsten Organisation mehr auf Laveur als auf Gerechtigkeit ankommen wird.
Ich darf ohne Präsumption annehmen, daß dies mit uns der Fall ist. Die mündlichen Versprechungen des Kaisers, die osficiellen Versicherungen Champagnh's — der doch so pruäent ist, daß man ohne bestimmten Befehl weder ein Ja noch ein Nein von ihm erlangen kann, — die sehr bestimmten Antworten des oben angeführten bedeutenden Mannes" (jenes Ungenannten) „lassen mir keinen Zweifel, daß noch Alles zu unseren Gunsten ausfallen wird."
Wie rnan sieht, war Friedrich Ludwig sehr geneigt, den Dingen die günstigste Seite abzugewinnen. Es lag das in seinem sanguinischen Temperament, das auch in anderen Lebenslagen oft deutlich hervortrat. Wenn er die offenbar ausweichenden, jedenfalls sehr vorsichtigen Aeußerungen Napoleon's für Zusagen hielt, so mochte der Glanz des Hofes und das äußere Wohlwollen des Imperators, dem das Wesen des Prinzen augenscheinlich gefiel, ihn zu einer Selbsttäuschung verleitet haben, der er sich ohne jene bestrickenden Ein'slüsse nicht hingegeben hätte. Schon stärkere Naturen sind solchem Zauber erlegen. Uebrigens waren aber auch wirklich einige Anhaltspunkte für die optimistische Auffassung des Prinzen vorhanden. So hatte Napoleon noch kurz zuvor ein Decret unterzeichnet, durch
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