Heft 
(1892) 70
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Deutsche Rundschau.

kraft dessen wir uns selbst, die Selbstsucht überwinden und uns als Glieder eines großen Organismus, des Gottesreichs, wollen und wissen.

So haben wir eine Weltanschauung, die mit den Ergebnissen der Natur­wissenschaft wie den Erfahrungen und Forderungen des Gemüths, der sittlichen Weltordnung, der Thatsache des religiösen Lebens übereinstimmt und der Außen- und Innenwelt gerecht wird. In der Natur herrscht die Nothwendigkeit; ein Reich des Geistes und der Freiheit kann nicht geschaffen werden; es ist nur möglich, durch die Selberfassung und Selbstbestimmung realer Wesen, welche die Möglichkeit eines widergesetzlichen Wollens überwinden und sich selbst für das Gute und Rechte entscheiden. Die Geschichte unseres Seelenlebens wie die der Menschheit in Thaten und Leiden setzt die Freiheit voraus; sie ist die fortwährende Arbeit unsrer Bestimmung, die harmonische Ausbildung unsrer wesenhaften An­lagen in der Steigerung der Energie durch Selbstbestimmung zu erreichen, die Ideen des Guten, Wahren, Schönen immer tiefer zu erfassen, immer reicher zu verwirklichen.