Catull.
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Ganz was Reizendes, einzig Wunderfeines,
Eine Salbe von mir, die meiner Liebsten Venus selbst und die Liebesbübchen schenkten.
Riech sie nur — und Du wirst gewiß die Götter Anflehn: „Macht den Fabullus ganz zur Nase!")
Am zahlreichsten sind die (wegen ihrer Derbheit am wenigsten mittheilbaren) Spottgedichte, auch politische sind darunter. Die allmächtigen Triumvirn Cäsar und Pompesus, „den Schwiegervater und den Schwiegersohn", griff Catull auss Heftigste an; ihm war an dem Beifall „des großen Imperators" nicht das Geringste gelegen; es kümmerte ihn nicht, „ob er ein schwarzer oder ein weißer Mann" war. Zu dieser feindselig trotzigen Haltung mag seine innige Freundschaft mit dem Dichter Calvus, einem der leidenschaftlichsten Gegner Cäsar's, beigetragen haben; außerdem, daß Cäsar die schamlosen Plünderungen seines Feldzeugmeisters Mamurra in den eroberten Ländern duldete:
Zu diesem Ende, großer Imperator, zogst Du durch die Abendlande bis zum Ocean,
Daß jener unverschämte Bruder Lüderlich Verschlänge hundert über hundert Tausende?
Verthat er denn und praßt' er etwa nicht genug?
Zum ersten ward verlottert väterliches Gut,
Zum andern Pontus' Beute, drittens obenein Jberiens — Tagus weiß davon, der Goldesstrom —
Jetzt ist die Reih' an Gallien und Britannien.
Und solchen Schurken hätschelt ihr? Was kann er sonst,
Als durch die Gurgel jagen fettes Ahnengut,
Um dann aufs Plündern überall umherzugehn?
Zu diesem Ende habt ihr Favoriten Roms,
Der Schwäher und der Eidam, Alles umgewälzt?
Cäsar, zu dessen Schwächen Empfindlichkeit gegen Angriffe politischer Gegner nicht gehörte, ließ trotz dieser ihn „für immer brandmarkenden" Werse, die Freundschaft mit dem Vater Catull's unverändert fortbestehen, und lud den Dichter an demselben Tage, wo er ihm wegen seiner Jnvectiven Abbitte leistete, zu Tisch. In einem späteren Gedicht spricht Catull von einer Reise über die Alpen, „um die Siegestrophäen des großen Cäsar" aufzusuchen, den gallischen Rhein, das grause Meer (die Nordsee) und das Ende der Welt in Britannien. Vielleicht hatte Cäsar ihn zur Verwendung in einer Provinz bestimmt; der frühe Tod des Dichters vereitelte diese Aussichten.
Am liebenswürdigsten erscheint Catull in den Gedichten an seine Freunde. Den Veranius begrüßt er bei dessen Rückkehr aus Spanien mit folgenden Zeilen:
Mein Veranius, unter allen Freunden Du von Tausenden mir der Erstgeliebte.
Bist Du wieder daheim an Deinem Hausherd,
Beim Altmütterchen, bei den Herzensbrüdern?
Ja, Du bist — o erwünschte Freudenbotschaft?!
Wohlauf soll ich Dich sehn, erzählen hören Von Iberer Geschichten, Land und Leuten,
1) 13.
2) 29, 11 ff.