Die Erhaltung -er Nunltdenkmaler in Italien.
Die Erhaltung der Kunstdenkmäler in Italien kann nicht als eine lediglich innere Angelegenheit des Landes angesehen werden. Die Bewunderung der Gebildeten aller Nationen sür Italien und seine Kunst ist seit Jahrhunderten zu lebhaft gewesen, durch edle Zuneigung, durch wackere künstlerische und wissenschaftliche Arbeit ist zu redlich der Dank abgestattet worden sür das, was man empfangen an Genuß und Belehrung, als daß heute die Berechtigung des Auslandes, an der öffentlichen Erörterung dieser Fragen theilnehmen zu dürfen, in Frage gestellt werden könnte.
Sicher wird in Italien jede Meinungsäußerung des Auslandes, die aus wohlwollender Antheilnahme und aus wahrheitsgetreuer Darstellung der Verhältnisse beruht. Verständniß und freundliche Beachtung finden. Sicher wird die italienische Regierung sich bewußt sein, daß sie über ihre Maßnahmen zur Erhaltung des italienischen öffentlichen und privaten Kunstbesitzes nicht allein dem italienischen Volke Rechenschaft ab- znlegen hat, daß sie der ganzen gebildeten Welt Rede stehen muß für ihre Thaten. Je mehr auf der einen Seite die Verantwortung wächst, ans der anderen die Antheilnahme erregt wird durch die augenblickliche Gefahr, durch die Schwierigkeit der Verhältnisse, die vor einem wichtigen Wendepunkt zu stehen scheinen, um so nothwendiger wird es sein, durch eine sachgemäße Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse die Möglichkeit zur Bildung eines selbständigen Urtheils zu bieten. Die Macht der öffentlichen Meinung kann nur dann den gemeinnützigen Zwecken dienstbar gemacht werden, wenn sie sich aus der Kenntniß und aus dem Verständniß der wirklichen Thatsachen gebildet hat.
Ungleich allgemeiner und lebhafter als in irgend einem anderen Lande ist in Italien die Theilnahme sür die Kunst und ihre Denkmäler. Mit inniger Liebe hängt der Italiener an den Kunstdenkmälern seiner Heimath. Eine schöne, wohlthuende Eigenschaft, mag sie auch noch so oft durch persönliche Eitelkeit und kleinlichen Localpatriotismus in ihrer Erscheinung und in ihren Aeußerungen beeinträchtigt werden! Eine Kunstangelegenheit kann in Italien wirklich zu einer Volkssache werden. Das Volk steht in einem intimen Verhältnisse zu den Kunstdenkmälern. Es empfindet als ein Bedürfniß, fordert als sein Recht, daß die Kunstschätze, die im Lande entstanden sind, die geschaffen und erworben sind durch seine eigene Kraft, daß jene Steine, jene Gemälde, die ein Abbild sind seines eigenen Wesens, ein lebendiger Theil seiner Geschichte, der Heimath unversehrt erhalten bleiben, zum Nutzen und zum Ruhme des Vaterlandes.
Die Regierung des neuen einigen Italiens hat, so wenig wie irgend eine Regierung vor ihr, diesen Wunsch des Volkes unbeachtet gelassen; sie hat keinen Augenblick gezögert, die Erhaltung des Kunsterbes als eine ihrer schönsten und edelsten Aufgaben zu betrachten; sie hat sich stets bemüht gezeigt, diese Pflicht zu erfüllen — wenn auch leider in der Ausführung der Erfolg weit hinter den guten Absichten zurückgeblieben ist.
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