Die Erhaltung der Kunstdenkmäler in Italien.
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bewahren. Vor Allem durch eine gründliche und sachverständige Inventarisation, die mit Eifer begonnen worden ist, durch photographische Reproduction aller wichtigen Monumente, durch eine strenge Controls der Central- und der Provinzialverwaltungen und durch energische Durchsührung der gesetzlichen Bestimmungen hofft man endlich zu erreichen, was bisher vergeblich angestrebt worden ist. — Leider aber erweisen sich auch hier die Mittel an Geld und besonders die Zahl der wissenschaftlich vorgebildeten Beamten als bei Weitem unzulänglich.
Fassen wir in wenigen Worten zusammen, was sich nach den vorstehenden Auseinandersetzungen als wesentlichste Ausgabe der Regierung den nicht unter ihrer unmittelbaren Verwaltung stehenden Kunstdenkmälern gegenüber ergibt:
Den Bestand dessen sestzustellen, was an künstlerisch werthvollem Gute außer Staatsbesitz in Italien noch vorhanden ist; die äußere Erscheinung monumentaler Gebäude in Privatbesitz und ihre innere architektonische Ausstattung zu erhalten; die wichtigsten Stücke des sreien mobilen Kuustbesitzes im Falle der Veräußerung sür den Staat anzukausen; die Rechte des Publicums an den Fideicommiß - Sammlungen zu wahren und das Material sür eine endgültige Lösung der Frage bereit zu halten; endlich die in der Verwaltung der Gemeinwesen befindlichen Kunstdenkmäler zu überwachen, ihre Veräußerung oder Beschädigung zu verhüten.
Alle diese äußeren Maßnahmen, so nützlich sie sich auch erweisen werden, so gewiß von ihnen eine Abstellung der gegenwärtigen Mißstände zu erhoffen ist, werden doch nur als eine nothdürstige Abhülse betrachtet werden können. Wird man glauben dürsen, das letzte Ziel erreicht zu haben, wenn nun auch wirklich alle die Ueberbleibsel des künstlerischen Privatbesitzes in öffentlichen Besitz übergegangen, wenn diejenigen Kunstwerke, die man nicht halten konnte oder wollte, ins Ausland gewandert, wenn Alles, was man gerettet, in den großen Museen vereinigt, die Paläste ihres letzten Schmuckes beraubt sein werden, wenn mit den letzten, traurigen Resten des Privatbesitzes auch der letzte Rest der alten Liebe zum Sammeln verschwunden, jenes Sammel- eisers, jener leidenschaftlichen, persönlichen Liebe zum Kunstwerke, der die Kunst und ihre Pflege so unendlich viel verdanken?
Der moderne Geist kann seine Anregung zur selbständigen Thätigkeit, zur selbstständigen Aeußerung seiner Individualität nur von der Wissenschaft erhalten. Nur durch die Pflege der Wissenschaft, durch Verbreitung ihrer Grundsätze und der Resultate ihrer Forschung ist heute noch ein wirklicher Fortschritt möglich. Das zeigt uns die Geschichte aller der Ideen, die heute wirklich weltbewegend sind.
Man hat in Italien bisher allzu sehr geglaubt, seiner Pflicht Genüge gethau zu haben durch einen äußeren Eingriff, durch den Schutz der Denkmäler vor materiellem Schaden. — Es kann schon als ein großer Fortschritt angesehen werden, daß man nun auch der künstlerischen Erhaltung eine größere Sorgsalt zuwendet, daß man endlich, nach unglaublichen Verwüstungen, die wissenschaftlich begründeten Principien der Restauration der Gebäude wie der Mosaiken, Fresken und Taselgemälde zur Geltung kommen läßt; daß man sich die Grundsätze einer künstlerischen und wissenschaftlichen Methode klar zu machen und durch Wort und Schrift, durch Beispiel und Anordnungen zu verbreiten sucht.
Der letzte schwierigste Theil der Aufgabe jedoch bleibt noch unerledigt: die wissenschaftliche Nutzbarmachung der Kunstsammlungen.
Vor allen Dingen gilt dies von den Sammlungen der Denkmäler der christlichen Epoche. Die Beschäftigung mit den Denkmälern besonders des römischen Alterthums ist in Italien stets Lei Weitem intensiver gewesen; die Ausgrabungen machten ein eingehenderes Studium der wissenschaftlichen Archäologie zur praktischen Nothwendig- keit; das Beispiel der archäologischen Institute fremder Nationen wirkte anregend und aneifernd. Das Studium der italienischen Kunst des Mittelalters und der Renaissance, eine ureigene, nationale Schöpfung des italienischen Geistes, ist dem gegenüber bisher sehr stiefmütterlich behandelt worden. So hervorragende Leistungen die kunstwissenschaftliche Literatur Italiens, neben einer Unendlichkeit werthloser Producte, auch