Heft 
(1892) 70
Seite
445
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Vom Cap nach Amtali, Mashonaland

18901891.

Briese einer Krankenpflegerin aus Südafrika.

Die lebhafte Theilnahme, welche sich gegenwärtig allen aus den noch wenig bekannten Gebieten Jnnerafrikas zu uns gelangenden Nachrichten zuwendet, hat auch den Gedanken angeregt, Briefe einer Dame zur Verfügung zu stellen, die weiter in Südafrika vorgedrungen ist, als bisher jede andere ihres Geschlechtes. Seit Jahren als Schwester des Rothen Kreuzes in der Krankenpflege thätig, faßte sie den Entschluß, in dieser Eigenschaft in den fernen Regionen zu wirken, in welchen Goldsucher und Pioniere, Ansiedler und Reisende bis jetzt nur auf zufällige und vorübergehende Hülfe rechnen durften. Sie wird hoffentlich selbst erzählen können, ob und wie das kühne Unternehmen geglückt ist. Wir sind auf bloße Wiedergabe der ursprünglich in eng­lischer Sprache geschriebenen Briefe beschränkt, für deren Jnbalt sich deutsche Leser

Während das Schiff Kohlen einnimmt, gehen wir ans Land. Zuerst nach Kapstadt, dann mit der Bahn, in zwanzig Minuten, nach einer Vorstadt, Wynberg genannt, wo wir übernachten. Für gewöhnliche Reisende wäre die Gegend reizlos genug. Uns scheint es, nach fast dreiwöchentlicher Seefahrt, ganz entzückend, endlich wieder im Grünen auszuruhen. Das Erste, was mir auffiel, war die gänzliche Ab­wesenheit von Vögeln. Kein Gezwitscher war hörbar, kein Flügelfchlag rauschte in den Zweigen. Ich sehnte mich ordentlich nach den kecken kleinen Spatzen zu Hause. Bitte, gieb dem nächsten, den Du siehst, und wäre er auch noch so rußig, einige Bro­samen an meiner Statt. Zu weiteren Beobachtungen fehlte die Zeit. Am nächsten Morgen schifften wir uns wieder ein. Die See ging hoch; ich war so krank, als hätte ich niemals ein Schiff gesehen. O'ost un sort. Die nächste Station war Port Elisabeth, wo ich abermals ans Land ging und denBotanischen Garten" besuchte. Ein vornehm klingender, aber in diesem Falle sehr unverdienter Name. Nichts stand im hübsch angelegten Garten als einige Palmen, die den Vergleich mit ihren Schwestern an der Riviera nicht bestanden hätten; der Anblick einiger Chrysanthema entriß uns Worte der Bewunderung. Ueberall ist diese Küste, so weit wir sie gesehen haben, ausgetrocknet, traurig und verlassen. Ein Städtchen wie Reichenhall ist, mit der Kapstadt verglichen, ein anderes London. Die Niederlassungen sind erschreckend ver­nachlässigt, die unschönen Häuser einstöckig, aus grauem Stein erbaut. Staubige Lacteen und einige meist verkümmerte Aloen sind der ganze Schmuck der Gegend. Die vielgepriesenen Früchte sind mir noch nicht zu Gesicht gekommen. Vielleicht finden wir sie in Transvaal oder Natal. Dabei regnet es unaufhörlich und seit

interessiren dürften.

I.

Kapstadt. An Bord desSpartan". 17. April 1890.