Heft 
(1892) 70
Seite
447
Einzelbild herunterladen

Vom Cap nach llmtali, Mashonaland.

447

zu Lande haben Kaffee und Thee mit diesen Getränken nur den Namen gemein. Einige der Boeren sind reich und vergraben ihr Geld in der festgestampften Erde, die ihren Stuben als Fußboden dient. Transvaal, dieses Land, das die Natur so frucht­bar gemacht hat, bietet dem Auge trotzdem nirgends das Bild der Ueppigkeit; nirgends ist ein Baum zu sehen, und doch ließen sich mit nur geringer Mühe jährlich zwei bis drei Ernten erzielen, und Alles würde gedeihen. In den Tagen der Herrlichkeit desgoldenen Johannisburg", als rings um die Stadt die Pachthöfe der Boeren lagen, war es sehr oft unmöglich, Milch, Butter, Eier, auch für ganz lächerliche Preise zu bekommen, und auch heute fehlt es nicht selten an Butter. Der Boer ist für die Bequemlichkeiten wie für die Annehmlichkeiten des Lebens unempfindlich. Die einzige Ausnahme bildet seine Vorliebe oder vielmehr seine Leidenschaft für Musik. Er übt sie nicht selbst aus, allein sobald er Mittel dazu erworben hat, kauft er eine Dreh­orgel, ein Harmonium oder ein Clavier. Wer letzteres zu spielen vermag, hat ihn in der Tasche und wird ihn selbst dahin bringen, ihm Land zu verkaufen, was er sonst niemals thut. Das ist so Wohl bekannt, daß Gesellschaften, die in Transvaal oder dem Orange-Freistaat Grund und Boden ankaufen, solchen Agenten den Vorzug geben, die musikalisch sind. Der Boer ist ein schlechter Reiter, aber wie gesagt ein vortreff­licher Schütze und Jäger. Sein Haushalt entbehrt des Nothwendigsten, seine Wasch­vorrichtungen gleichen einem Kinderspielzeug; warmes Wasser ist fast nicht zu haben; der Kehricht stiegt zum Fenster hinaus; in den Stuben gedeihen Flöhe und all^ das Ungeziefer, das von Staub und Schmutz sich nährt. Ich könnte lange davon erzählen, allein es ist schneidend kalt, die Feder schlecht, und unsere dünnen Mauern schützen nicht gegen den Frost. Dafür ist der nächtliche Himmel von solcher Schönheit, daß man in ungeahnte Welten zu blicken glaubt, und wir uns des Abends davon unter­halten, wenn unter anderen Neptun in Herrlichkeit wie eine kleine Sonne glänzt. Gedenke mein.

Da ein längerer Aufenthalt in Johannisburg in Folge der veränderten Verhält­nisse nicht mehr angezeigt erschien, begab sich die Krankenpflegerin nach Kimberley, wo sie bis April 1891 im Hospital thätig war. Ihr dortiger Dienst war mit beständigen Nachtwachen verbunden und so anstrengend, daß sie, durch ähnliche Berufspflichten in England bereits während der letzten zwei Jahre vor der Reise nach Afrika übermüdet, nun ernstlich an die Heimkehr und an Erholung dachte. Die Ihrigen glaubten sie bereits in Teneriffa, wo einige Tage ausgeruht werden sollte. Statt dessen brachten Briefe vom Cap ihnen Kunde von einem ganz veränderten Entschluß.

Der bisherige, anglikanische Bischof von Bloemsontein, Knight - Bruce, war vor Kurzem zum Bischof von Mashonaland ernannt worden und willens, in der neuen Mission ein Spital zu errichten. Es galt, Krankenpflegerinnen für das gewagte Unter­nehmen zu gewinnen. Der Bischof begegnete zufällig in der Capstadt der Verfasserin der vorliegenden Briese, die sich, nach kurzer Ueberlegung, mit zweien ihrer Beruss- genossinnen dazu entschloß, die geplante Rückkehr nach Europa aufzugeben und statt dessen den Bischof und seine Reisegesellschaft, für welche auch die Dienste eines Arztes gesichert wurden, zu begleiten. Keine Weiße Frau war jemals in diese fernen Regionen Jnnerafrikas vorgedrungen, in welchen böse Fieber, besonders zur Regenzeit, die von November bis April zu dauern Pflegt, das Leben der Pioniere bedrohen. Ziel der Expedition war die Station Umtali, Manila, ungefähr siebzig Meilen südlich von Fort Salisbury auf einem Hochplateau in hügeliger Gegend. Die Krankenpflegerinnen verzichteten auf jede Remuneration; nur für Unterkunft und Verpflegung hatte der Bischof zu sorgen.

Die Reiseroute erfuhr in Folge der mit den Portugiesen bestehenden Streitigkeiten mehrfache Veränderungen. Der anfangs in Aussicht genommene Weg von Natal nach Prätoria und durch Transvaal mittelstTreckens" mit den landesüblichen Ochsen- gesährten hätte fast zwei Monate in Anspruch genommen. Man entschloß sich daher für den Seeweg. Nach längerer Verzögerung in Natal wurde am 26. Mai aus dem DampferTyrian" Port Beira erreicht.