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Deutsche Rundschau.
Von diesem Zeitpunkte an geben die Briese wieder Nachricht:
IV. Mozambique, 5. Juni 1891.
Daß ich von hier aus schreibe, kann Dich kaum mehr als mich selbst in Erstaunen setzen. Als wir vor Beira angekommen waren, fand es sich, daß, in Folge einer neuen Zwistigkeit mit den Portugiesen, die Landung unmöglich war. So wurde denn beschlossen, die Reise an Bord des „Tyrian" bis Mozambique sortzusetzen und mit dem Schiff nach Beira zurückzukehren, in der Voraussicht, bis zu diesem Zeitpunkte die Ruhe hergestellt zu finden und unsere Fahrt den Pungwe flußaufwärts sortsetzen zu können.
Die Reise von Natal nach Beira war durchaus uninteressant. Delagoa-Bah, mit der Stadt Lorenzo Marques, ist ein gottverlassenes, vom Fieber heimgesuchtes und allem Anschein nach in Verfall begriffenes Nest. Das Licht des Leuchtthurms brannte nicht, die Banken waren für zwei Monate, die Post bis zum nächsten Tag geschlossen u. s. w. Von Delagoa-Bay kamen wir nach Jnhamban, einer idealen Stätte. Man denke sich einen ruhigen, tiefblauen Golf, landumgrenzt, mit einem Hain von Cocospalmen, und in ihrem Schatten ein trauliches Dorf, dessen aus Stein gebaute Häuser um eine kleine Kirche gelagert sind. Heber die Bay gleiten unzählige Fischerkähne. Beim Landen freilich werden wir gewahr, daß die meisten dieser Häuser Ruinen sind. In den alten Tagen des Sclavenhandels war hier eine blühende Niederlassung; jetzt ist sie, wie fast die ganze Küste, in Verfall. Trotzdem bewahrt die Erinnerung ein reizendes Bild landschaftlicher Schönheit. Die Eingeborenen sahen glücklich und zufrieden aus. Ihre aus Hürden gebildeten Kraale sind reinlich und gut gehalten. Einer dieser Neger holte uns frische Cocosnüsse vom Baume. Von Jnhamban kamen wir nach dem in letzter Zeit so vielgenannten Port Beira. Ein langer, öder, flacher Sandstreifen mit einigen eisernen Hütten und dreißig bis vierzig zerstreut umher aufgestellten Zelten, so schmutzig und in jeder Beziehung unmöglich, daß vom Landen nicht die Rede sein konnte. Wir fanden einen Theil der englischen Flotte hier stationirt, unter anderen die „MagieienneZ eines der neuesten Panzerschiffe. An Bord derselben lud mich der Capitän, der gegenwärtig als Konsul fungirt, zum Lunch ein, und zeigte mir Torpedos und riesige Kanonen, deren Geschoße meilenweit tragen, und die ich mit der größten Leichtigkeit in Bewegung setzen und abseuern konnte. An Bord eines anderen Panzerschiffes, des „Pigeon" , gab man uns ein Concert. Dann waren noch „Brisk" und „Mohawk" da, die zwischen Beira und Delagoa-Bay circuliren, und das große Kriegsschiff, der „Raleigh". Die Portugiesen haben zwei hölzerne Kanonenboote hier, jedes mit einem Geschütz. Die Schwierigkeit besteht hauptsächlich darin, daß die portugiesischen Soldaten, meist aus Goa kommend, nicht mehr gehorchen. Diejenigen flußaufwärts, zu Maffi-Kesse, sind in offener Empörung; in Beira ist es nicht viel besser . . . Daher kommt es, daß die Schiffahrt auf dem Pungwe nominell frei, thatsächlich aber gesperrt ist. Eine große Anzahl von pionierenden Kaufleuten und Goldsuchern glaubt die Wasserstraße frei und findet sich statt dessen entweder in Beira selbst oder einige Meilen weiter oben am Fluß sestgehalten. Jeder dieser Leute führt ein Gewehr zum Schutz gegen wilde Thiere mit sich. Wenn sie sich nun ausgehalten und damit den größten pecuniären Verlusten ausgesetzt sehen, gerathen sie außer sich, und es kommt zu blutigen Zusammenstößen. Als die neue Südafrikanische Gesellschaft nach Mashonaland zu gehen beschloß, war es von Anfang an gewiß, daß man auf dem Pungwe oder einem benachbarten Fluß regelmäßige Verbindungen herzustellen trachten würde. An den Portugiesen wäre es gewesen, die Gelegenheit zu benützen und sür Verkehrsmittel zu sorgen .... Doch nichts von dem geschah, und für die Entwickelung des Landes ist nichts gethan. Goldminen und Perlfischerei liegen brach; kaum daß genug Kaffee für den persönlichen Bedarf der portugiesischen Ansiedler gebaut wird, von welchen die meisten, mit Ausnahme der höheren Beamten, mit Eingeborenen sich verheirathen. Der gegenwärtige, stellvertretende Gouverneur von Beira ist ein Neger, der eine Art von Dialekt spricht.