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Johannes Huber in München.
Geschäftszweig. Des Artikels der Geistermanifestationen bemächtigte sich dort wie hier die Speculation und so verdunkelte, entstellte und discreditirte maßloser Schwindel auf der einen und wahnwitziger Aberglaube aus der andern Seite den reellen Kern, der etwa in diesen seltsamen Vorgängen stecken mag. Im Annoncentheil des in Boston erscheinenden „Lannor ok liZ-llt" kündigen sich männliche und weibliche Individuen an, die aus eingesandten Haaren und Handschriften Krankheiten, Charakterzüge, ja ganze Lebensgeschichten diagnosticiren wollen, die durch magnetische Briese heilen und auch verschlossene Briefe lesen: dann Astrologen, die alle Fragen beantworten und die Zukunft enträthseln; dann Medien, wie Mrs. Danskins, durch welche der vor 50 Jahren gestorbene Dr. Rush ordinirt und seine seit dieser Zeit im Geisterreich erworbenen medicinischen Erfahrungen zum Heile der Menschheit mittheilt. Mineralruthen für Metallsucher und Schatzgräber werden ausgeschrieben; ganz besonders aber wird das Planchette, nämlich der sogenannte Psychograph, als unentbehrlich für jeden Familienkreis, der mit verstorbenen Verwandten und Freunden Correspondenzen unterhalten will, empfohlen. Zahlreich sind die Anzeigen von spiritistischen Meetings. Diese Meetings tragen das Gepräge einer gottesdienstlichen Feier, beginnen mit Gebeten und frommen Gesängen, worin die guten Geister zur Theilnahme ausgefordert werden, und schließen mit Dank gegen sie. Es begegnet uns eine seltsame, bald nnt wissenschaftlichem Anstrich austretende, bald aber schon dem Titel nach völlig phantastische und abenteuerliche Literatur, die zum Theil sogar überirdischen Ursprungs sein will, wie z. B. die Vollendung des Romanes „IRs misten ok ücUviu Urooch" welche Charles Dickens, dessen fruchtbare Feder auch noch im Geisterreich nicht zur Ruhe gelangen kann, durch ein Medium dictirt haben soll, oder die Geschichte des Prinzen Hafed von Persien, der auf gleichem Wege seine diesseitigen wie jenseitigen Erlebnisse zum Besten gibt.
Das Hauptorgan des amerikanischen Spiritualismus oder wie der Titel des Blattes selbst pomphaft ankündigt, der spiritualistischen Philosophie des 19. Jahrhunderts ist der eben genannte „Kannor ok der bereits in
43 Folianten als eine unerschöpfliche Fundgrube alles menschlichen Aberglaubens vorliegt. Metaphysische, psychologische, ethische, theologische und naturwissenschaftliche Artikel wechseln darin mit Correspondenzen über die Resultate spiritistischer Sitzungen und unter diesen Resultaten sind besonders häufig die Botschaften aus den: Geisterreich, worin mit Hilfe der Medien abgeschiedene Personen sich nach Namen und irdischer Herkunft vorstellen und ihre Lebensgeschichte mittheilen. Indem die Redaction die Publication dieser Offenbarungen an das Publicum besorgt, wünscht sie, daß dieselben durch etwa noch lebende Angehörige und Freunde verisicirt werden möchten. Der Kannen ot' lig-llt ist indeß der besonnenen Richtung der Spiritualisten selbst ein Greuel und wird von ihnen, wie dies neuestens wieder Daniel Home gethan hat, auch öffentlich desavouirt. Daß trotz dieser Extravaganzen des Betrugs und der Phantasterei noch soviele ernste, klare und wissenschaftlich