Moderne Magie.
gebildete Köpfe an der Sache halten und für dieselbe Zeugniß ablegen, ist doch kaum anders erklärlich, als daß sie durch zwingende Thatsachen gewonnen worden sind. Erst im vorigen Jahre ließ sich Du. Bloede aus New-Jork, ein verdienter politischer Schriftsteller, dem nach dem Urtheile der Redaetion der „Gegenwart" ein wissenschaftlich-gebildetes Ilrtheil nicht abgesprochen werden könne und der ein Anrecht auf Vertrauen besitzt, dahin vernehmen: „Der
Spiritualismus ist nicht Theorie, Specnlation, metaphysische Träumerei, seine Grundlagen sind Thatsachen und das Experiment. Der Anspruch, welchen der moderne Spiritualismus auf Grund dieser erhebt, ist: daß die neue „Geistkuude" zu einem integrirenden und abschließenden Theile der Naturwissenschaft erhoben und entwickelt werde . . . Obgleich er schon hundertmal von Außen und Innen vernichtet worden ist, ist der Spiritualismus aus allen Kämpfen, auch den schwersten mit sich selbst, mit stets erneuter Kraft hervorgegangen und hat damit den besten Beweis abgelegt, daß er in sich selbst die Fähigkeit der Reinigung und Erneuerung besitzt, welche der Wahrheit und der Wahrheit allein innewohnt. Alles, was der Spiritualismus jetzt von seinen Gegnern verlangt, ist — Gerechtigkeit." — Ich selbst habe wiederholt Gelegenheit gehabt, die Bekanntschaft von Aerzten zu machen, welche weder von Gott noch von einer unendlichen Fortdauer der menschlichen Seele etwas Nüssen wollten und doch tiefüberzeugte Spiritisten waren. Was kann solche Männer, die kein metaphysisches Dogma und kein Herzensbedürfniß zu einem Glauben, der seine Bekenner vor der großen Welt zu Narren stempelt, prädispouirte, gleichwohl für denselben eingenommen haben? Es hieße daher das Kind mit dein Bade ausschütten, wenn man mit jenem Schwindel und jenen Ungeheuerlichkeiten die ganze Sache von vornherein verwerfen wollte. So lagen auch Astronomie und Chemie eine Zeitlang in den phantastischen Windeln der Astrologie und Alchemie, sie warfen aber nllmälig diese Hülle ab und erstanden zu den glänzendsten Wissenschaften. Vielleicht haben wir es im Spiritismus mit der Beobachtung bisher unbekannter physischer und psychischer Kräfte zu thun, deren sichere Feststellung und deutliche Erkenntnis; unsere Einsicht in das Leben der Natur und des Geistes vertiefen würde. —
Die Verbreitung des Spiritismus in Europa dürfte vorzugsweise auf den Schotten Daniel Home zurück zu führen sein. Derselbe wurde schon als Kind von Visionen heimgesucht und sollen ihm seine Spielsachen von selbst zugeslogen sein. Zehn Jahre alt kam er nach Amerika und scheint dort noch eine Schule in den Künsten des Spiritismus durchgemacht zu haben. Bei seiner Rückkehr nach Europa umdrängte ihn die hohe und allerhöchste Aristokratie. Insbesondere in den Tuilerien, bei Napoleon III. und der Kaiserin Eugenie, war er ein gefeierter und angestaunter Gast. Hier soll es während einer Sitzung geschehen sein, daß eine Geisterhand erschien und mit einer auf dem Tische liegenden Feder auf ein Blatt Papier den Namen „Napoleon" mit den Schriftzügen des großen Napoleon schrieb. Der Kaiser bat die Hand küssen zu dürfen und diese wanderte an seine Lippen und an
Nord und Süd. IX, 27. 23