Die Madonna im Melwald.
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Der zog mit ihr nach seinem Schloß am Strande Und hielt so kostbar sie und liebevoll, wie ein Nadönnchen im Brocatgewande,
Dran nie ein rauhes Lüftchen rühren soll,
Daß rings von diesem Muster-Lhestande Ein seiner Ruhm im ganzen Land erscholl Und selbst die schöne kselena von Troja Beneidet hätte Gräfin Bellagioja.
Als Gräfin auch war sie ein Rind geblieben;
Lin drollig Süppchen dünkt' ihr der Gemahl.
Doch wenn sie gossen lang mit ihm getrieben Zu übermüth'ger Rurzweil, auf einmal Besann sie sich, recht kindisch ihn zu lieben,
Daß sie das kjerz ihm aus dem Busen stahl.
So lebte sie vergnügt und ganz unsträflich,
Und hatt' er Gicht, so hielt sie das für gräflich.
Für gräflich auch, daß zu dem Dienst im kjaus Nur alte Frau'n und Greise tauglich schienen.
Ls nehme, sprach der Graf, sich nobler aus,
Ließ' man von würd'gen Leuten sich bedienen.
Sie zog zuerst ihr schönes Näschen kraus,
Dann aber trieb sie Rurzweil auch mit ihnen,
Und nicht verstört' es ihren Rinderfrieden,
Daß sie umringt sich sah von Invaliden.
Da mußt' ihr theurer Spielgefährte sterben (Die Gicht war, wie man sagt, zurückgetreten).
Sie aber sollte neuen Ruhm erwerben,
Indem sie that, was wenig Frauen thäten:
Statt lachend jetzt ihr goldnes Loos zu erben, Spann sie sich ein in Fasten, Wachen, Beten Und schien entschlossen, fern dem Sang und Rlang Der frohen Welt zu seufzen lebenslang.
Das Trauerjahr verstrich. Doch im April,
Da längst die Mandeln blühten und die Sänger Im jungen Laube ganz im alten Stil Ihr Liedchen zwitscherten, die Tage länger,
Die Nächte lauer wurden, sah man viel Die junge Wittwe wandeln, bang und bänger,
Und blaß und blässer unter Lenzgewittern Vor jedem khauch in sich zusammenzittern.
Die alte Rammerfrau, hoch in den Fünfzig,
Doch frisch und rüstig noch, ward dessen inne.
In wahrhaft christlichen Gemüthern stumpft sich Das Mitgefühl nicht ab im Frost der Sinne.