Die Madonna im Gelwald.
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-Geschwind bedenkt sie, daß für jpilgerinnen Wohl eine Büßermiene sich gebühre.
Sie wolle, spricht sie, erst noch sich besinnen,
Obwohl sie längst schon einen Trieb verspüre,
An heil'ger Stätte Frieden zu gewinnen, was man für einen Anzug wohl erküre?
Gb unbeschuht der Fuß und bar das ksaupt sei?
Gb unterwegs zu essen auch erlaubt sei?
Die alte Zofe rannte lachend fort
Und kam mit einem Arm voll Kleidern wieder:
Lin saubres Schleiertuch, so wie es dort Getragen wird, ein xfirsichsarbnes Mieder Mit Gold gestickt, ein Rock mit breitem Bord,
Der faltig schwankt bis zu den Knöcheln nieder — Kurz, als die Gräfin sich im Spiegel sah,
Das schmuckste Bauernweib erblickt sie da.
Bewundernd lief zusammen das Gesinde.
Der Bauskaplan, ein neunzigjähriger Greis,
Schwur, daß er so die Frau noch schöner finde,
Und Alle stimmten eifrig bei im Kreis.
Doch sie gebot, daß sich ein Jedes binde Mit theurem Lide, weder laut noch leis Lin Wort von ihrer Pilgerfahrt zu plaudern,
Und früh ging's aus die Reise sonder Zaudern.
Kühl schauert' übers Feld der Morgenhauch,
Und bleicherloschen hing der Mond im Blauen,
Als muntern Schritts nach rüst'ger Weiber Brauch Den Schloßberg nieder wandelten die Frauen,
In derben Schuh'n, die alte Renza auch Ganz wie ein Dorsmatrönchen anzuschauen,
Das einen Gang zum nächsten Markte vorhat;
Im Korbe schleppt sie mit den Reisevorrath.
Sie mühte sich der kserrin nachzukeuchen,
Die wie beflügelt ihres Weges schritt,
Indeß an blüh'nden Bäumen und Gesträuchen Ihr junges Aug' entzückt vorüberglitt.
Schon jetzt schien ihr der Gang den Druck zu scheuchen, An dem das arme Wittwenherzchen litt.
Sie sang und sprang sogar. Nie war so froh ja Seit ihrer Mädcheuzeit Frau Bellagioja.
G cherrin, warnt die Alte, Frau'n vom Lande Gehn mit bedächtiger Eile, nicht im Flug.
Man merkt aus hundert Schritt die Frau von Stande; Seid fromm wie Tauben, doch wie Schlangen klug,
Nord und Süd. IX, 27.
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