- Sprache und Aegyxtische Sprache. - 36 s
Gebote stehen) die Entzifferung ermöglicht, hat sie auch für die Aegypter U erleichtert.
Hätten ihre Worte bereits eine feste Form, hätte jeder ihrer Wortgedanken bereits nur diese eine Form gehabt, oder, anders ausgedrückt, hätte ihre Sprache bereits die Klarheit und Bestimmtheit der unsrigen besessen, so würde keine Veranlassung Vorgelegen haben, eine Literatur von lauter Bilderbüchern zu verfassen. Wollte man gegen diesen Schluß vielleicht einwenden, daß das priesterliche Schristthum, wie an die Sprache, so auch an die Schriftmethode der alten Zeit traditionell gebunden war, und sich demnach anhaltend einer Deutlichkeit befliß, welche nur in vorhistorischer, unentwickelter Sprech- und Schreibperiode wirklich Vonnöthen gewesen, so ließe sich erwidern, daß, wenn es auch in der historischen Zeit viele, genügend individualisirte Worte gibt, deren Sinn ohne Illustration keinem Zweifel unterliegt, der anderen, die eine Erklärung bedürfen, dennoch Legion ist. Die determinirenden Bildchen
sind demnach weder bloßer Archaismus, noch Zierrath. Sie sind vielmehr wirkliche Hülssmittel zum Verständniß, und die Unvollkommenheit der Sprache, welche sie den Aegyptern aufzwang, hat auch uns den Sinn, welcher sonst in den meisten Fällen unenträthselbar geblieben sein müßte, enthüllt, oder der Enthüllung genähert.
Wenn die geschriebene Sprache mithin des Bildes bedurfte, um verständlich zu sein, wie konnte die gesprochene sich anders helfen, als durch die Geste? Da es nicht anders gewesen sein kann, so würden wir uns zu der Annahme gedrängt sehen, daß es so gewesen sein muß, selbst wenn dieselbe mehr Schwierigkeiten Hütte, als in der That der Fall ist. Ist die Geste weniger unterscheidend als das Bild, so ist die gesprochene Rede eines primitiven Volkes dieser Unterscheidung auch weniger bedürftig, als die geschriebene. Sein Gedankenschatz ist so eng, ist aus so wenige, so sinnliche und so leicht mimetisch angedeutete Dinge gerichtet, daß er nicht vieler Worte bedarf. Selbst die letzten Stadien des eigentlich Hieroglyphischen zeigen noch wenig entwickelte Abstractionen: Die Liebe ist noch Verlangen, das Wollen Befehl, die Ehre Furcht oder Lob. Je weiter zurück, desto sinnlicher muß die tägliche Rede der Menge gewesen, desto eher durch Geberden vermittelt und begleitet worden sein. Ja, da genug von dieser Periode im Aegyptischen erhalten ist, um uns zu überzeugen, daß zuerst fast jeder nationale Laut fast jedes Ding zu bezeichnen vermochte, so muß die Geberde, das begleitende Bild,, ursprünglich etwa ebenso wichtig gewesen sein, als das Wort. Halbverständliche Rede ward von der verstandenen Geberde erläutert, beziehungsweise ersetzt. Wo auch die Geste nicht hinreichte, und das Wort noch nicht fixirt genug war, um einen bestimmten Gedanken mitzutheilen, wird keine, oder mangelhafte Verständigung erreicht worden sein. Auch die Sprache hatte zu werden.
Indem wir von laut- und begriffsbestimmten Worten sprechen, gelangen wir zu einer vorgeschrittenen Stufe, welche schon im Alt-Aegyptischen neben