Sprache und Aegyxtische Sprache.
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Wandel ohne Lautwandel erleiden, keine allzu große. Meist sind die entgegengesetzten Bedeutungen durch phonetische Modisicationen auseinandergehalten; mitunter geht auch die phonetische Disferenzirung erst in geschichtlicher Zeit vor sich. Von ersterem ist ins/ leer, V rusll voll, ein gutes Beispiel; von letzterem zeugt inen, das hieroglyphisch sowohl „stehen" als reduplicirt oder in der Form rnonu „gehen" bedeutet, koptisch aber durch nroni für die Bedeutung „stehen" und durch rnonrnon für „gehen" abgelöst wird.
Es ist ein glücklicher Umstand für die Erkenntniß dieses Theils der Sprach- schöpfung, daß sich der Beweis für die bewußte Sinnverkehrung, abgesehen von ihrer inneren Rechtfertigung, geschichtlich und sachlich abschließend führen läßt. In einem ägyptischen Redetheile abstracter Bedeutung finden sich eine Anzahl Worte, welche die Schwierigkeit, abgezogene Begriffe zu fassen, dadurch zu überwinden gesucht haben, daß sie ihren Sinn und sein Gegentheil gemeinsam enthalten, und somit die Conception ihrer Bedeutung aus These und Antithese zum dauernden Ausdruck gelangen lassen. Dies sind die Präpositionen. So heißt hieroglyphisch nr sowohl „in etwas drin" als „zu etwas hin" als „von etwas weg", je nach dem Zusammenhang des jedesmaligen Contexts; er heißt sowohl „von etwas weg" als „zu etwas hin" als „mit etwas zusammen"; irr und /okt bedeuten sowohl „für" als „gegen"; /out „in" „unter" u. s. w. Koptisch besagen uts und sa sowohl „von etwas weg" als „in etwas drin"; Lira ist „über" und „unter"; km „über, unter" und „zuetwas hin", „von etwas weg"; lll „zu etwas hin", „von etwas weg", „in etwas drin" u. s. w. Wenn dies nichts anderes ist, als derselbe polarische Bedeutungswechsel, der sich bei vielen anderen Worten beobachten läßt, so hat es doch eine stärkere Beweiskraft. Hatten wir bei der Vieldeutigkeit ägyptischer Laut- complexe zu bedenkeu, daß sich gleichlautende zufällig und ohne innere Beziehung mit antithetischem Sinn gegenüberstehen können, so ist diese Möglichkeit bei Präpositionen äußerst gering anzuschlagen. Wären von so schwierigen Begriffen, wie sie Präpositionen ausdrücken, zwei entgegengesetzte zufällig in demselben Laut zusarnmengetrosfen, so würde das eine oder andere im Interesse der Deutlichkeit anfgegeben, und, bei der wuchernden Triebkraft der alten Sprache, leicht durch einen andern Laut übernommen worden sein. Mail bringt nicht „für" und „wider" in demselben Worte unter, es sei denn absichtlich, und weil man das eine nur denken kann, indem man das andere mit denkt und es von seinem Gegenfüßler abhebt. Die Logik dieser Erwägung wird durch eine verwandte, in dem überlieferten Sprachmaterial erhaltene Erscheinung bestätigt. Neben seinen einfachen Präpositionen hat das Aegyptische eine große Anzahl zusammengesetzter, deren nicht wenige zwei Glieder von entgegengesetzter Bedeutung verbinden, um den durch das eine oder andere bezeichnten Sinn zu desto klarerem Verständniß zu bringen. Hier haben wir nlithin die absichtliche Gegenüberstellung entgegengesetzter Begriffe zur Erfassung des einen oder anderen endgültig erhärtet. Man sehe: Die Präposition sbol, zusammengesetzt aus 6 „zu etwas hin" und bol „von etwas weg"