Issue 
(1879) 27
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M. Larriere in München.

ausnehmen, nicht meistern. Und wie er schon als Gymnasiast in die AugsburgerSion", eine ultramontane Zeitschrift, Beiträge gesandt, so mischte er sich als Student in einen Streit der Philosophen.

Professor Prantl hatte im März 1852 in der Münchener Akademie eine Festrede über die gegenwärtige Ausgabe der Philosophie gehalten. Er bezeichnte sie als Anthropologie: vom Menschen, dem sinnlich-geistigen soll sie ausgehen, dem Realen wie dem Idealen gerecht werden; die Synthese beider sei uns ja in uns selbst und namentlich in der Sprache gegeben, die die Gedanken im Laut verwirkliche; von der Erfahrung, nicht von Dogmen sollen wir uns leiten lassen; die Religion als Sache des Gefühls und Lebens sei ein Gegenstand philosophischer Forschung, nicht das Maß für sie. Dagegen rrat nun die ultramontane Partei in Waffen; ja Prantl ward für eine Zeit­lang an der Universität auf die Philologie als sein Gebiet verwiesen, bis König Max 1859 den ausgezeichneten Kenner und Darsteller der Geschichte der Philosophie zu deren Ordinarius ernannte. Ein katholischer Theologe De. Oischinger, der als Privatgelehrter zu München lebte, führte gegen Prantl das Wort in den Blättern und veröffentlichte eine Schrift, die ihn in eine Reihe mit Feuerbach stellte, der Selbstvergötterung, des plattesten Nihilismus, des Absurdismus beschuldigt, und einen förmlichen Fluch über dieses moderne Heidenthuni aussprach. Da nun trat ein Student in die Schranken, der sich bald als Dichter, Historiker, Rechtsgelehrter einen Namen von weittönendem Klang gemacht, Felix Dahn. Mit gewandter, scharfer Feder schrieb er eine Entgegnung gegen Oischinger, in der er von dem Standpunkt freier Forschung aus die Philosophie als Selbstzweck, nicht als Magd der Theologie betrachtete, und den geschmähten Anthropologismus als dasjenige philosophische Princip darstellte, welches die relative Identität von Geist und Natur, wie sie in dem ganzen, unzerstückten Menschen erscheint, zum metaphysischen Ausgangspunkte, zu dem Maßstab der absoluten Identität von Geist und Natur, d. h. des Absoluten erhebt, im Gegensatz zum sübjectiven Idealismus, welcher einseitig den geistigen, wie andrerseits zum objectiven Realismus, der nur den materiellen Factor erfaßt. Dahn zeigte, wie dies Streben nach Einigung der Gegensätze gerade an Knotenpunkten der Ent­wicklung in der Geschichte hervortrete, und suchte das Dialektische wie die historische Behandlung der philosophischen Fragen gegenüber den theologischen Dogmen in's Licht zu stellen.

Oischinger hatte eine kleine Schaar von Studenten um sich, die er mit der Literatur und den Problemen der Philosophie bekannt machte; unter ihnen war Huber, der ihm dies stets Dank wußte; so glaubte er nun für dieselben einstehen zu sollen, zumal zwischen ihm und Dahn schon seit dem Gymnasium eine gewisse Rivalität bestand, da stets einer dem andern es zuvorzuthun suchte, bis sie ihre verschiedenen Felder fanden, die sie bebauen und persönlich befreundet bleiben konnten. So schrieb denn Huber sein Pamphlet:Der Anthropologismus des Or. K. Prantl und seine jüngste