Issue 
(1879) 27
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Johannes 6 über.

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Bevorwortung," in welchem er Oischinger gegen Dahn vertheidigte und dabei weit mehr aus Prantl als auf dessen Schüler losschlug. Keiner der Rufer im Streit hatte sich den Unterschied von Religion und Dogmatik klar gemacht, wie die Religion Sache des Herzens, gottinuiges Leben, Erhebung des Gemüths zum Ewigen und Heiligung des Willens ist, während die Dogmatik Satzungen über das Wesen Gottes, der Welt und des Menschen formulirt und Folgerungen aus Bibelsprüchen zieht. Dahn wies auf den Widerspruch von Vernunft und Dogmatik hin, Huber behauptete, daß, was das Gefühl als wahr empfände sich im Lichte der Vernunft bewähren müsse; so schossen sie aneinander vorbei. Mit Recht forderte Huber eine Philosophie des Lebens und der Wirklichkeit; er sah in der ganzen Realwelt ein System von Organismen, dessen Mittel­punkt urlebendig sei und alles trage, die Religion sei die Beziehung der vernünftigen Wesen zum Urwesen. Vom persönlichen Gott schien ihm eine übernatürliche Offenbarung leicht gewonnen, und dann sei alles Folgende in der katholischen Dogmatik so folgerichtig wie die Bücher Euklid's! Dahn sah nur Widerspruch darin, übervernünftige Wahrheiten vernünftig begründen zu wollen. Huber behauptete Prantls Absolutes sei nichts als die Substanz Spinoza's, die Identität Schelling's, der Gott des Speculanten sei des Menschen selbsteigenes Wesen, augeschaut unter der Idee der Gattung, während der Gott des Christenthums Person, Geist aber und Natur zwei verschiedene Wesenheiten seien. Doch bekennt Huber, daß die Theologie durch den Zwiespalt mit der Philosophie fast allen Einfluß auf die Zeit verloren habe, daß die Philosophie die Wahrheit des Christenthums der Gegenwart erschließen solle. Was diese Wahrheit sei, blieb unerörtert; damals war sie für Huber noch die römische Dogmatik. Aber damit, daß er die Philosophie als uoth- wendige Erklärerin des Christenthums forderte, that er einen ersten Schr it in's Freie. Hier sollte er sich bald heimisch fühlen, als er das akademische Lehramt in's Auge faßte und 1854 zum Gegenstand seiner philosophischen Doctordissertation die Cartesischen Beweise vom Dasein Gottes wählte. Er kam zur Einsicht:Was die neue Zeit in allen ihren Lebenstiefen ergriffen

hatte, auf dem Gebiete des Wissens und Handelns sich offenbarte und als Kampf gegen die alte Kirche und den alten Staat erschien, war das Prmcip der Autonomie des Subsects, das Cartesius wissenschaftlich stxirte, wodurch seine Philosophie von welthistorischer Bedeutung geworden ist." Der Geist persönlicher Selbständigkeit, das:Ich denke, also bin ich," die Vernunft

als Richterin über das Wahre und Falsche, das Voraussetzungslose Forschen gewann den Sieg über die Autorität des Dogmas, so sehr auch Huber noch an die Rechtfertigung desselben dachte, wenn er von der beklagcnswerthen, negativen Richtung der neueren Philosophie sprach, die indeß aus denkfauler Sicherheit ausrüttle, daß wir nicht länger morschen und gebrechlichen Stützen vertrauen, sondern den Bau der Wissenschaft auf unzerstörbarer Grundlage aus­führen. Nicht minder wirkte das Studium Platon's; mit einer Schrift über dessen Lehre vorn persönlichen Gott habilitirte sich Huber 1855 als Docent der Philo-