Johannes lfuber.
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und schien zu ahnen, daß man sich auch gegen den Vatican wenden könne, wenn man einmal die Vernunft als Vertheidigerin der Dogmen annehme. Der Congreß suchte das Verhältniß der Vernunft und Forschung zur Autorität zu bestimmen; er erklärte es für Gewisseuspflicht, bei der Entwicklung der Wissenschaft die geofsenbarte Wahrheit im Auge zu haben; Knoodt meinte, daß die Wissenschaft zwar auch eine Autorität sei, aber eine fehlbare, die sich der unfehlbaren Kirche unterzuordnen habe. Da bekannte Huber, daß er auf der linken Seite der Versammlung stehe und forderte einen positiven Ausspruch zu Gunsten der Freiheit. Er blieb mit Friedrich die kleine Minorität gegen achtzig Andre! Bei solch offnem Bruch mit dem Ultramontanis- mus war es ein Zeugniß der hohen Achtung vor Hubers Persönlichkeit und wissenschaftlicher Tüchtigkeit, wenn er berufen ward, den Söhnen des Prinzen Luitpold und selbst dem König Ludwig H. nach dessen Thronbesteigung philosophische Vorträge zu halten. Bis zu seinem Ende hat der naturwissenschaftlich gebildete Herzog Karl Theodor viel mit ihm verkehrt.
Hatte der eigne Kampf zwischen Autorität und Freiheit, und die Lösung, die er für sich gewann, unfern Freund zur Darstellung der Kirchenväter und Erigena's geführt, so ergänzte er sie durch Vorträge über die religiöse Aufklärung die 1867 in seinen Studien abgedruckt wurden. Während des begonnenen Streites aber mit der Hierarchie sah er längere Zeit muthig dem Tod in's Auge. „Wenn die Ungunst des Geschickes mich nicht vor der Zeit zerbricht," hatte er die Widmung des Buchs über die Kirchenväter geschlossen, „dann hoffe ich auf meinem Wege Ergebnisse zu erlangen, die für die große geistige Noth der Gegenwart nicht ganz nutzlos sind." Es bezog sich darauf, daß er schon als Knabe in Folge einer Erkältung leidend gewesen, und daß eine solche auf einer Gebirgsreise der Studentenzeit zu einem Gelenkrheumatismus geführt, der das Herz in Mitleidenschaft gezogen. Schon damals hatte die Mutter, als er einen neuen Rock begehrte, seufzend gefragt, ob er den noch tragen werde, setzt, als es sich um seine Professur handelte, bat Karl Pfeufer mit der Verleihung nicht zu säumen, da er als Arzt kaum hoffe, daß Huber sich derselben lange erfreuen werde. Ein anderer College mahnte ihn daran, daß er sich als Todescandidaten betrachten müsse. Eine Wassercur bei vr. Curtius brachte das Uebel zum Stehen, und er fand in einer Tochter desselben die Gattin, die ihn verstand und ihm und drei Kindern ein glückliches Heim bereitete. In solcher Stimmung, wo Tod und Liebe ihm nahe getreten, schrieb er „die Idee der Unsterblichkeit," die zum erstenmal 1864 erschien, und rasch mehrere Auflagen erlebte. In anmuthiger Darstellung legt er die Zukunftshoffnuug der Menschheit mit den Worten ihrer Dichter und Denker dar, und gründet seine eigenen sinnigen Betrachtungen aus das Wesen der Natur und des Geistes. Ich setze eine Stelle hierher, die den Ton des Ganzen angeben mag: „Wäre die Natur niemals mit dem Geist in Wider
spruch getreten, wäre der Mensch nie aus der glücklichen Heimath seiner Kindheit, von der die Sagen erzählen und die Dichter träumen, vertrieben