Issue 
(1879) 27
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Johannes Uuber. - 38 s

Angesicht, dem älteren, das in die Vergangenheit, dem jüngeren, das in die Zuknnft blickte, jenes mit Döllingers, dieses mit Hubers Zügen.

Während des Concils entfaltete Huber eine rastlose journalistische Thätigkeit. Er rief dieStimmen aus der katholischen Kirche," eine Reihe von Flugschriften in's Leben, und schrieb dafür über Papstthum und Staat, über die Freiheiten der französischen Kirche. Er beförderte die berühmten Concilsbriefe an dieAllgemeine Zeitung", die scheinbar von Rom aus den Römlingen zum Trutz fortlaufend veröffentlicht wurden. Vergeblich, daß die päpstliche Polizei heute einen Gelehrten, morgen einen Journalisten auswies und die Post überwachte. Auf den mannigfachsten Wegen floß durch Geistliche und Laien, durch Deutsche, Engländer, Franzosen, durch Männer und Frauen das Material in München zusammen, wo es combinirt, gesichtet und besprochen ward; Huber's Feder war dabei so rasch wie unermüdlich. Da geschah das Unerwartete. Die meisten deutschen Bischöfe protestirten, verließen aber Rom vor der Abstimmung, und unterwarfen sich dann nicht blos, sondern forderten auch die Anerkennung des unfehlbaren Papstes von ihrem Klerus. Wir haben im Krieg mit Frankreich viel Glück gehabt, vielleicht ein noch größeres Glück darin, daß die Einigung Deutschlands nicht durch eine Revolution, sondern im Verein von den Fürsten und dem Volke vollzogen und der Kaiser zu Versailles ausgerufen ward; noch ehe die Schwindelperiode darauf folgte und eine Nemesis wachries, sprachen wir vom Ring des Polykrates; mich wollte es bedünken, der sei der deutsche Bischofsring gewesen: diese Ver­leugnung des deutschen Geistes, diese Selbstverknechtigung des Klerus gerade zur Zeit, wo das Reich siegreich neu aufgerichtet ward!

Huber und seine theologischen Freunde unterwarfen sich nicht; sie retteten ihre und die nationale Ehre, so viel an ihnen war. Er entwickelte

jetzt in heiligem Zorn und in ernster Sache ein Agitations- und Organisations­talent, das er seither wohl in Universitätsangelegenheiten oder als Leiter und Gründer einer heitern Gesellschaft Aula gezeigt, wo Männer der Wissenschaft und Kunst mit ihren Familien sich zwanglos zusammenfinden; da bewahrte er auch in trüben Stunden seinen Humor, wie sein poetisches Talent in launigen Preisgedichten an Universitätsfesten hervortrat. Jetzt war es, wie Friedrich bestätigt, ihm zu danken, daß die Opposition gegen das Concil nicht auf eine literarische Fehde beschränkt blieb, sondern in das öffentliche Leben hinübertrat. Er berief eine Versammlung angesehener Männer aus allen Kreisen, und legte mit feuriger Rede ihr eine Erklärung vor, die als die Münchner Museumsadresse nach dem Ort der Unterzeichnung bekannt geworden und den Anstoß zur Gründung der altkatholischen Gemeinde gab. An den König gerichtet erbat sie das Verbot, die neue Lehre in den öffentlichen Bildungsanstalten zu verbreiten, erbat sie Abwehr ihrer gefährlichen Folgen und eine neue gesetzliche Regelung der Verhältnisse von Staat und Kirche. Als der Erzbischof von München nun in einem Hirtenbrief gegen Huber sich vernehmen ließ, antwortete dieser mit einer an Lessing erinnernden Schneidig-

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