Issue 
(1879) 27
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Der dreißigjährige Krieg und die deutsche Literatur. - 39 s

geworden, nicht genug thnn in Wehklagen über das hilflose Deutschland, üben die vaterlosen Waisen, in Verwünschungen der Feinde.

Diese Feinde nun, sollte man denken, hätten auch ihrerseits ihren Helden erhoben, man möchte den Liedern zu Ehren Gustav Adolfs Triumphgesänge Wallenstein's gegenüberstellen; aber man wird schwerlich solche finden. Wenn auch Tilly und Pappenheim, Churfürst Maximilian von Baiern und der Kaiser ihre Lobredner erhalten, Wallenstein erlangte unter den Sängern keinen Verehrer, sondern Neider und Feinde und statt des Zweifels an seinem Tode, wurde schon bei seinen Lebzeiten folgende Grabschrist bekannt:

Hier liegt der Walleustein ohn' Fried,

Des Reiches Fürst und doch kein Glied,

War ohne Schiff ein Admiral, lind ohne Schlacht ein General,

Ein Landsaß ohne Herzogstand,

OHM Kopf ein Herr in keinem Land,

Gut römisch und ein Mameluck,

Aufrichtig, voll der Untreu Stuck,

Mit Krieg im Sinn ein Friedemann,

Voll süßer Worte ein Tyrann,

Wollt endlich mehr als Kaiser sein,

Büßt drüber mit einander ein

Leib', Ehr' und Gut, fast Seel' dazu,

Ei, seht doch, was die Ehrsucht thu'.

Gewiß war Wollenstem, als dieses Lied erschien, schon von der Höhe seiner Macht herabgestiegen, denn das Volkslied beugt sich auch in jener Zeit dem Erfolge, schmeichelt dem Mächtigen und höhnt den Besiegten. Diese Tendenz des Volkslieds tritt deutlich in den Gesängen hervor, welche zwei bedeutenden Ereignissen jener Zeit gewidmet sind: der vergeblichen Berennung Stralsunds und der furchtbaren Belagerung und endlichen Zerstörung Magdeburgs. Jene Stadt, mit einem Sonnenstrahl verglichen, wird verlacht, da zuerst ihre Anstrengungen gegen den gewaltigen Friedländer nnmächtig erscheinen und später gerühmt, da sie, durch günstige Umstände unterstützt, ihrem Feinde sich gewachsen zeigt; diese, als Mädchenburg oder Jungfrau bezeichnet, zuerst wegen ihrer Sprödigkeit gepriesen, mit der sie in Erwartung des wirklichen Bräutigams (Gustav Adolf) den ungestümen Bewerber (Tilly) abweist, sodann aber als leichte Dirne verhöhnt, die den Lockungen des Verführers erlegen ist.

Schon in diesen Liedern, noch mehr aber in denen, welche es mit dem böhmischen Königthum des Psalzgrafen Friedrich, und mit der hundert­jährigen Gedenkfeier der Augsburger Confession zu thnn haben, zeigt sich die Neigung der Dichter, nicht blos zu schildern und zu erzählen, sondern zu erbauen und zu strafen, der Ansatz zu zwei damals sehr eifrig gepflegten Tichtungsarten: dem geistlichen Lied und der Satire. Der Zahl der Pfleger beider Dichtungsarten entsprach leider die Qualität der Gedichte nicht. Auch hier, welch ein Abstand gegen die Dichtungen des 16 . Jahrhunderts.