Der dreißigjährige Urieg und die deutsche Literatur.
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uud Taradiridatumtarides bezeichnet, aus. Sie sind beide feige, aber rühmen sich ihrer glänzenden Kriegsthaten, einfältig, aber prahlen mit ihrem Verstände, sie können keine Sprache richtig sprechen, mischen aber Brocken aus den Sprachen aller Länder, die sie angeblich durchwandert, in ihre Rede und erzeugen dadurch ein fast unverständliches Kauderwelsch, sie sino häßlich und widerwärtig, bilden sich aber ein, durch ihre Schönheit und Liebenswürdigkeit Eindruck auf die Frauen hervorzubringen. Diese letztere Einbildung hetzt sie gegen einander: der Eine, der einen: schönen Mädchen in unverschämter Weise entgegen getreten war, soll, im Aufträge dieses Mädchens, von dem Andern zur Rechenschaft gezogen werden. Aber zu einen: Kampfe kommt es nicht. Denn die beiden Maulhelden erkennen sich grade durch die furchtbaren Drohungen, durch welche sie sich anfänglich gegenseitig zu schrecken versucht hatten, als gleichstehende Genossen und wollen lieber wie ehedem, auch ferner gemeinsam schlechte Streiche verüben, als gegen einander kämpfen. Reben den militärischen Abenteurern steht ein gelehrter Strauchdieb, ein Schulmeister, der keinen Satz sprechen oder schreiben kann, ohne lateinische Floskeln und Reminiseenzen aus seine:: gelehrten Studien anzubringen, der aber auch den Lebensgenuß liebt und in den Besitz einer schönen, reichen Frau ans sehr wenig ehrenhafte Meise gelangen will. Wie die Unterredung jener beiden. Soldaten, so ist der Liebesbrief des Schulmeisters an seine Dame ein Meisterstück satirisch kölnischer Darstellung, das uns sehr treu und lebendig Gestalten und Zustände jener Zeit vor Augen führt.
Auch Friedrich von Logau 1604—1055 erkennt die Unsitten und Fehler seiner Zeit und weiß sie mit kurzem, treffenden Wort zu uennen und zu verdammen. Wie Gryphius ist er durch seine Gcmüthsstimmung, durch traurige Erfahrungen seines eignen Lebens, durch Krankheiten und Verlust seiner Lieben, durch Unzufriedeuheit mit seinen: Berufe und endlich durch die wehmüthige Erkenntnis; des trostlosen Zustandes Deutschlands und der geringen Aussicht auf eine baldige Heilung traurig und verzweiflungsvoll geworden, er hält die Lage für noch schlimmer als sie wirklich ist. Diese seine Stimmung spiegelt sich in seinen kurzen Sinngedichten wieder, die nach Tausenden zählen und seitdem sie von Lessing hervorgezogen und neuerdings in manchen Ausgaben wiederholt worden, ziemlich bekannt geworden sind. Auch sie dürfen als ein rechtes Erzeugniß des dreißigjährigen Krieges betrachtet werden. Denn so sehr sie auch einzelne Personen und Stände verlachen, welche immer von den Pfeilen der Satire getroffen werden, als Juristen und Aerzte, Höflinge und Priester, so erlangen sie doch erst ihre rechte Kraft, sobald sie das Ganze, das darniederliegende Deutschland und seine Feinde, vor allem die Franzosen, behandeln. Diese zu bekämpfen wird Logau nicht müde, sie darzustellen als diejenigen, durch dereu verderblichen Einfluß die deutsche Sprache eutkräftet, der deutsche Sinn in falsche Bahnen gelenkt und die alte Sitteneinfalt vernichtet worden sei. Es ehrt ihn, daß er gegen die Alleinherrschaft der französischen Sprache entschieden protestirt, und Kraft
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