Die staatliche und sociale Entwickelung Japans. - -
macht der Zustand der japanischen Justiz das Aufgeben unserer exterritorialen Rechte für den Augenblick unmöglich, aber bei ihrer Ausübung sollte billiger Weise an Stelle der bisherigen strengen Consequenz eine gewisse Mäßigung treten. Unter keinen Umständen darf das exterritoriale Privileg zur Folge haben, daß die Regierung außer Stand gesetzt ist, ihren Quarantaine- und Jagd-Vorschriften bei den Fremden Achtung zu verschaffen, oder daß sie geschehen lassen muß, daß fremde Zeitungen in Japan die Zustände und Sitten des Landes, oder die Handlungen hoher und höchster Personen in beleidigender und roher Weise kritisiren. Es würde ganz unbedenklich sein, Japan die Polizeigewalt über die Fremden zurückzugeben; werden auch Ausschreitungen Seitens der niederen Beamten im Anfang unausbleiblich sein, so kann man doch aus dem bisherigen Verhalten der Regierung die Ueberzeugung schöpfen, daß sie im Allgemeinen mit Schonung ihre Rechte ausüben und Alles thun wird, um Conflicte zu vermeiden. Auch ließe sich vielleicht ein Modus finden, der gestattete, den Japanern die Jurisdiction in Handelssachen zu bewilligen; so nämlich, daß Streitigkeiten zwischen Einheimischen und Ausländern von einem Nichtercollegium entschieden würden, in welchem der Präsident ein Japaner, die Beisitzer Mitglieder der von den Fremden in den offenen Häsen gegründeten Handelskammern wären. Die Usancen, welche sich im Lause der Jahre in der ausländischen Kaufmannswelt Japans und Chinas gebildet haben, würden in vielen Fällen genügen, den Mangel geschriebener Gesetze auszusüllen, tüchtige Advocaten würden die Richter mit ihrer Rechtskenntniß unterstützen. So wäre ein Keim gepflanzt, aus dem sich mehr entwickeln könnte, und eine Einrichtung geschaffen, die jedenfalls besser wäre, als die Gerichtshöfe der kaufmännischen Consulate.
Die von den Japanern angestrebte Zoll-Autonomie müßte ihnen aus Billigkeitsrücksichten zwar zugestanden werden, im Interesse des Handels aber liegt es, vorläufig noch den Rechtsstandpunkt der Verträge beizubehalten. Denn die augenblicklich maßgebende Volkswirthschaftspolitik würde sie zu Maßregeln bestimmen, die den Ruin alles Handels in kurzer Zeit zur Folge haben würden. Die Regierung hat sich nämlich in den Gedanken hineingelebt, daß sie durch Prohibitiv-Zölle die einheimischen Industrien mit den ausländischen concnrrenzfähig machen und so dem Abfluß des Baargeldes ein Ziel setzen könne. Alle diese Industrien aber, worauf sie ihre Hoffnung setzt, sind künstliche und bis jetzt nur durch Staatssubvention im Gang gehalten worden; keine einzige hat eine solche Entwickelung erreicht, daß der Zollschutz ihr Nutzen bringen könnte.
Die religiöse Toleranz.
Für die humane und aufgeklärte Politik der Regierung, sowie für die Civilisation des Volkes liefert den besten Beweis die jetzt allgemein herrschende Duldung der christlichen Religion. Bekanntlich wurde dieselbe von dem Gründer des Taikunats, Jyegassu, 1606 verboten. Ihre Anhänger, deren
Nord und Süd. IX, 27. 28